Die Religion der Baul-Gemeinschaft
Die Religion der Baul-Gemeinschaft
Die Religion der Baul-Gemeinschaft
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Kapitel 3<br />
<strong>Die</strong> philosophischen Gedanken und die Mystik <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>-<br />
<strong>Religion</strong><br />
<strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s haben keine philosophischen Werke verfaßt; ihre Lie<strong>der</strong> jedoch deuten auf <strong>der</strong>artige<br />
Gedanken hin. Im Folgenden werden die Punkte <strong>der</strong> philosophieschen Gedanken und<br />
<strong>der</strong> Mystik <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>-<strong>Religion</strong> dargestellt.<br />
<strong>Die</strong> Ansichten über die Welt und das Leben<br />
Über die Existenz <strong>der</strong> Welt<br />
<strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s teilen die Meinung des klassischem Hinduismus, daß die aus Raum, Zeit und<br />
Kausalität bestehende Welt nicht selbsterklärlich ist. Es ist die höchste formlose Wahrheit,<br />
die die <strong>Baul</strong>s in ihren Lie<strong>der</strong>n abwechslungsweise Brahman o<strong>der</strong> Gott (Bhagavan, Ishvar)<br />
nennen (s. Kapitel 4), die sich als wahrnehmbare Formen, also als die Welt, manifestiert (s.<br />
Anhang <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong>). Im Gegensatz zu den Advaitavadins und Vishishta-advaitavadins<br />
verneinen die <strong>Baul</strong>s die Existenz <strong>der</strong> Welt nicht. <strong>Die</strong> Welt ist keine Scheinexistenz im nihilistischen<br />
Sinne. <strong>Die</strong> Welt ist nur insofern illusorisch, als sie kein selbständiges Objekt ist.<br />
Sie existiert nur im Zusammenhang mit <strong>der</strong> höchsten Wahrheit. Alle Dinge, die ein Mensch<br />
wahrnimmt, sind Teilaspekte des Ganzen.<br />
Über das Leben<br />
<strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s betrachten das übliche Leben als Leid (s. Anhang <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong>). <strong>Die</strong>s geschieht<br />
deshalb, weil <strong>der</strong> Mensch die Welt nicht als etwas Ganzes, sieht, son<strong>der</strong>n als etwas, das aus<br />
verschiedenen Teilaspekten besteht. Er sucht sich Teilaspekte aus, die seiner Meinung nach<br />
ihm Freude bringen werden. <strong>Die</strong> Teilaspekte aber sind als Manifestationen <strong>der</strong> höchsten<br />
Wahrheit, also etwas, das einen Anfang hat, vergänglich. Da <strong>der</strong> Mensch sich in vergänglichen<br />
Teilaspekten verhaftet, ist er unglücklich, wenn er von diesen getrennt ist. <strong>Die</strong>s ist <strong>der</strong><br />
Grund, warum ihm die Welt letztendlich doch nur als Leiden erscheint.<br />
Das Leben kann jedoch als Freude ungewandelt werden, wenn <strong>der</strong> Mensch die folgenden<br />
Punkte beachtet:<br />
1. Jedes Objekt, jede Beziehung sind als Gottes Manifestation zu sehen. Hält <strong>der</strong> Mensch in<br />
seinen Gedanken diese Wahrheit wach, führt er ein fröhliches Leben und genießt die Welt.<br />
Er führt kein Asketenleben, bleibt aber trotzdem frei, denn in allen Handlungen erlebt er<br />
Gott (s. Anhang <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong>).<br />
33