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erreichen selbst AkademikerInnen, die 22-jährig ihr Studium absolviert<br />

haben, nicht mehr die propagierte volle Pensionshöhe, denn für jedes<br />

fehlende Beitragsjahr erfolgt ein Abschlag von 1,78 % des Pensionsbetrages.<br />

Ein Praxisjahr oder einschlägige Auslandserfahrung, nicht<br />

zuletzt absolviert in der Hoffnung auf bessere Arbeitsmarktchancen,<br />

führen zu weiteren Abschlägen. Der Staat leistet für diese Zeiten keine<br />

Ersatzbeiträge (wie etwa bei der Schwerarbeiterregelung).<br />

3. Der Zeitdruck auf Studierende wurde schließlich durch die im März<br />

2006 in Kraft getretene sogenannte Formelbudget-Verordnung<br />

weiter erhöht (BGBl I Nr.120/2006). Die „Formel“ regelt für 20 % der<br />

staatlichen Gelder, die an österreichische Universitäten fließen, eine<br />

indikatorengebundene Zuweisung. Die Universitäten weisen ihrerseits<br />

den Fakultäten, Instituten bzw. Studienrichtungen, je nach deren indikatorenrelevanten<br />

Verhältnissen, Ressourcen zu oder auch nicht. Zwei<br />

Indikatoren belohnen diese Organisationseinheiten für Studierende,<br />

die sich innerhalb vorgegebener Studienzeiten bewegen bzw. ihr<br />

Studium innerhalb der vorgesehenen Studienzeit abschließen. 4 Da es<br />

von den Organisationseinheiten abhängt, ob bzw. durch welche Maßnahmen<br />

sie zur Studienbeschleunigung beitragen, ist das Dilemma<br />

absehbar zwischen einerseits dringend benötigtem Institutsgeld und<br />

andererseits dem Wohlwollen gegenüber jenen Studierenden, die aus<br />

guten Gründen mehr Studienzeit benötigen als vorgesehen. Dieses<br />

Mehr an Studienzeit kann u.a. Folge einer berufs- oder elternschaftsbedingt<br />

geringeren Studienintensität sein, es kann aber auch Konsequenz<br />

gerade einer besonders hohen Studienintensität sein, wie man<br />

sie sich als Hochschullehrende/r bisher noch wünschen durfte.<br />

„Die verwendeten Indikatoren sind leistungsbezogen“, stellt das BMBWK<br />

fest (BGBl I 2006/120, Erläuterungen zu § 4). Wie verhält sich dazu nun<br />

die Leistung Studierender, die sich mit ihrem Fach „verhaken“, die z.B.<br />

durch wissensgenerierende (und nicht nur -kompilierende) Seminararbeiten<br />

Zeitrisiken eingehen, welche sich schlussendlich in „Studienzeitüberschreitung“<br />

niederschlagen? Wie verhält sich dazu die Mehrleistung<br />

Studierender, die gerade solche Proseminare und Seminare besuchen,<br />

in denen hohe Lesepensen und eine oder mehrere schriftliche Arbeiten<br />

verlangt werden? In der Logik der Formelbudget-Verordnung wird die<br />

Leistung dieser Studierenden nicht nur ignoriert, sondern durch einen<br />

ausschließlich an der Studiendauer orientierten Leistungsbegriff in ein<br />

Hemmnis für das Institutswohl umgewandelt: Erwirtschaftet doch ein<br />

Institut, das nicht erfolgreich gegensteuert, durch solche Studierende ökonomische<br />

Nachteile gegenüber konkurrierenden Nachbareinrichtungen.<br />

Vor diesem Hintergrund (und ergänzt durch andere Faktoren, wie<br />

etwa die für Graduierte zunehmend schlechter gewordene Arbeitsmarktlage)<br />

erscheint der Eindruck glaubhaft, den wir und in unserem Umfeld<br />

viele HochschullehrerInnen seit einigen Jahren haben: Zahlreiche Studierende<br />

versuchen zunächst zu vermeiden, was sie nicht sicher und auf<br />

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