linguistische
linguistische
linguistische
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
64<br />
D. Notizbuch / Ideenbuch<br />
Wenn Schreiben zu einer Form des Denkens werden soll, dann ist es hilfreich,<br />
immer ein Notizbuch mit sich zu tragen. Wer einmal im Schreibfluss<br />
ist, wird sein Gehirn nicht gemeinsam mit dem Computer ausschalten.<br />
Im Gegenteil, die besten Ideen kommen, wenn man gerade zur<br />
Straßenbahn läuft oder mit Freunden quatscht. Doch Ideen, manchmal<br />
sind es „nur“ – lange gesuchte – Formulierungen, eine bessere Überschrift<br />
oder ein neuer Aspekt des Themas, verfliegen schneller als sie<br />
kommen. Deshalb werden in amerikanischen Schreibkursen Notizbücher<br />
als ständige Begleiter empfohlen, um Ideen, Begriffe, Buchtitel,<br />
Gedanken aufzufangen und festzuhalten, wann und wo immer sie einem<br />
entgegenkommen. Solche Notizbücher sind eine reiche Quelle, aus der<br />
man später, am Computer sitzend, schöpfen kann. Außerdem fördern sie<br />
das Schreiben an unterschiedlichen Orten (im Kaffeehaus, in der Bibliothek<br />
etc.). Neue Kontexte bringen auch neue Gedanken hervor und lassen<br />
mitunter Probleme von einer anderen, leichter lösbaren Seite erscheinen.<br />
Mit der Hand schreibt es sich anders als am Computer, im Zug bei<br />
vorbeiziehender Landschaft kommen andere Sätze hervor als vor dem<br />
Bildschirm. Wichtig ist es, alle Möglichkeiten auszuschöpfen und die für<br />
einen selbst produktivsten Orte, Zeiten und Umstände des Schreibens<br />
kennen zu lernen.<br />
E. Feedback<br />
Schreiben ist eine einsame Angelegenheit. Und jeder Schreibende ist<br />
blind für die Schwachstellen seines eigenen Textes. So notwendig und<br />
motivierend konstruktives Feedback ist, so schwer ist es zu bekommen.<br />
Eine wichtige Funktion von Schreibworkshops ist es deshalb, unfertige<br />
Texte mit anderen zu besprechen. Doch sich gegenseitig Work-in-progress-Texte<br />
zu zeigen und vorzulesen, das ist eine heikle Sache. Es erfordert<br />
Mut und Vertrauen, aber auch Know-how, wie man mit Rohtexten<br />
und sich im Schreibprozess befindenden Menschen umgeht. So wurden<br />
in meinem New Yorker Schreibkurs Feedback-Regeln ausführlich<br />
besprochen und unterschiedliche Kritik-Methoden angeboten. In manchen<br />
Stadien der Textproduktion ist schon das Laut-Vorlesen des eigenen<br />
Textes, während andere „nur“ zuhören, fruchtbar – zu hören, wie der<br />
eigene Text klingt, zu spüren, wie stille Anwesende reagieren. Später erst<br />
wurden (bereits überarbeitete) Texte kommentiert und nach Kriterien<br />
systematisch reflektiert: Wie wirkt der Text? Welche Stellen kommen gut<br />
an und warum? Was ist unklar? Was fehlt? etc. Feedback heißt auch, das<br />
Positive zu benennen, die Leistung der Autorin/des Autors zu würdigen.<br />
Ziel ist es, Anstöße und Motivation zum Umschreiben zu geben (vgl.<br />
Elbow 1995: Im Anhang des Buches ist das frühere Beiheft Sharing and<br />
Responding abgedruckt).<br />
kissling_korr.1.indd 64 14.09.2006 11:09:25 Uhr