linguistische
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satz werden würde; ich habe den Text weggelegt, ihn mir wieder vorgenommen<br />
usw. Langer Worte kurzer Sinn: ich habe blindes Puzzle<br />
unter erschwerten Bedingungen gespielt. Nicht wissend, ob die vorgefundenen<br />
Puzzleteile (die A’s, die B’s usw.) zu diesem oder jenem<br />
Bild (aus einem anderen Spiel) gehören, ob es überhaupt ein Bild<br />
gibt … (Es gab keines, ich musste es selbst schaffen!) Natürlich war<br />
mir am Anfang auch nicht klar, dass ich für die Schlussversion das<br />
Strukturschema der Phänomenkonfrontation entlang einer Konstituentenaufzählung<br />
wählen würde. Und durchnummeriert habe ich<br />
die einzelnen Konstituenten überhaupt erst ganz am Schluss – mit<br />
Blick auf allfällige Leser, die etwas quer-nachlesen wollen. Und nach<br />
zahlreichen Umstellungen in der Abfolge.<br />
(9) Bei den meisten Formen des elaborierten Schreibens sind die Interaktionspartner<br />
auf Grund des lange dauernden Produktionsvorgangs<br />
in ganz ferne Fernen gerückt und dadurch noch viel abstrakter<br />
als beim Spontanschreiben. Wie beim schulischen Schreiben<br />
ist der Adressat fast immer ein Prüfer und jeder geschriebene Text<br />
eine Qualifikationsarbeit, an der überprüft wird, ob der Geprüfte im<br />
Stand ist, „Fachwissen als organisiertes Wissen [zu] dokumentieren“<br />
(Pospiech 2004, 193), ob er Fragen, Probleme, Fälle mit den Mitteln<br />
(methodisch und sprachlich) behandeln kann, die den in einem<br />
Fach geltenden Standards entsprechen.<br />
(10) Keine Schnellschusstexte. Dem muss sich der Produktionsmodus<br />
anpassen: Das Schreiben in der geschilderten Aufgabenkonstellation<br />
kann nicht dasselbe bleiben wie beim Spontanschreiben. Zum<br />
Schreiben nach dem Anschubprinzip mit der Fernsteuerung durch<br />
das Globalthema kommen nun Teilzielorientierungen (wie sie z.B.<br />
als Gliederungspunkte festgelegt oder als Einsichten aus der Fallbetrachtung<br />
gewonnen werden: das und das muss in den Text); es<br />
kommt zur Produkt-, Problem- und Prozesszerlegung, zur Stoff-<br />
und Textcompartmentalisierung: man bearbeitet einzelne Fragen<br />
getrennt, man schreibt nur mehr Textteile, man zerlegt den Prozess,<br />
d.h., man gliedert Schritte aus (Stoff sammeln usw.) (für einen Überblick<br />
über die Möglichkeiten der Differenzierung vgl. Ortner 2000,<br />
Ortner 2002). Das Spontanschreiben behält zwar eine wichtige, aber<br />
immer nur eine eingebettete Funktion.<br />
Eingebettet heißt hier: Es wird zwar nicht mehr der gesamte Text<br />
unter den Bedingungen und nach Art des Spontanschreibens verfasst,<br />
wohl aber wird im Mikrobereich – entspricht ungefähr der<br />
Größe eines Absatzes – und an den Übergangsstellen von Satz zu<br />
Satz meist weiterhin spontan geschrieben. Nicht mehr der Gesamttext,<br />
wohl aber die Text(-klein-)teile können mit dem Verfahren des<br />
Spontanschreibens produziert werden. Sie entstehen ja wieder unter<br />
genau den Bedingungen, die in Kapitel 1 beschrieben worden sind.<br />
Die geänderte Konstellation führt zur – scheinbar rein äußerlichen –<br />
doch alles verändernden Unterbrechung des Schreibflusses, also der<br />
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