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Ebene der Wissenschaftsadministration in Bund und Ländern, wo weder<br />

Problembewusstsein zum Thema Schreiben vorhanden ist noch entsprechende<br />

Förderprogramme existieren.<br />

Will man verstehen, warum Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer<br />

an deutschsprachigen Hochschulen sich der Vermittlung von<br />

Schreibkompetenz nur so unzureichend widmen, so muss man als erstes<br />

das Verschwinden des Schreibens aus dem Kanon der universitären<br />

Fächer bedenken. Wäre die Mathematik etwa in gleichem Maße eliminiert<br />

worden, würde wahrscheinlich auch niemand für ihre Wiedereinführung<br />

stimmen, denn ein Fachfremder kann nicht ermessen, welche Ergebnisse<br />

eine wissenschaftliche Disziplin wie die Mathematik potentiell erbringen<br />

kann. Ebenso wenig Bewusstsein existiert an deutschen Hochschulen<br />

darüber, wie umfangreich ein wissenschaftliches Fach ist, das sich mit<br />

dem Schreiben beschäftigt. Allein mehr als 20 wissenschaftliche Fachzeitschriften<br />

publizieren in den USA zum Thema Schreiben, während<br />

es keine einzige spezialisierte deutschsprachige wissenschaftliche Zeitschrift<br />

dazu gibt. Mehrere amerikanische Fachgesellschaften sind allein<br />

dem Schreiben gewidmet, während es im deutschsprachigen Raum in<br />

unregelmäßigen Abständen zwar einige Tagungen, aber so gut wie keine<br />

spezialisierten Organisationen zum Thema Schreiben gibt. 1 Eine erste<br />

Antwort auf die Frage, warum das Schreiben an deutschen Hochschulen<br />

nicht präsent ist, liegt also darin, dass es als akademische Disziplin nicht<br />

existiert und dementsprechend auch keinen angestammten Platz in den<br />

Wissenschaften hat. Das Schreiben ist damit für die akademische Welt<br />

unsichtbar.<br />

2. Die Logik der Institutionen<br />

Deutschsprachige Hochschulen haben keinen allgemeinbildenden Auftrag.<br />

Und in Zeiten der Verschlankung des Studiums zu Bachelor- und<br />

Masterstudiengängen scheint die Forderung nach zusätzlichen Lehrinhalten<br />

dem Zeitgeist zu widersprechen. Trotz der Diskussionen um<br />

Schlüsselkompetenzen und Soft Skills, die nach Ergänzung der fachbezogenen<br />

Lehre durch Querschnittsdisziplinen verlangen, setzt sich eher<br />

eine Politik der Entrümpelung durch. Auch die Tradition des Studium<br />

Generale, in der sich interdisziplinäre Studienbestandteile erhalten<br />

haben, hat keine Konjunktur mehr (sieht man von den Ausnahmen wie<br />

der Universität Erfurt ab).<br />

Es ist also kaum zu erwarten, dass Universitäten neue Lehrinhalte<br />

oder Dienstleistungen fachübergreifender Art einführen. Das liegt nicht<br />

im Trend der Hochschulpolitik, und es scheitert überdies regelmäßig an<br />

den Verteilungskämpfen in den Hochschulleitungen und -gremien. Denn<br />

innerhalb der Hochschulen gibt es keine Lobby für das Schreiben. Nach<br />

dem amerikanischen Vorbild wäre es nahe liegend, dass die Germanistik<br />

das wissenschaftliche Schreiben vertritt. Die aber gehörte bis vor kur-<br />

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