linguistische
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B. Schreibübungen<br />
Schreiben braucht Übung. Aus der Schreibforschung ist bekannt, wer oft<br />
und viel schreibt, schreibt besser und leichter. In Schreibkursen wie Can I<br />
Really Write? wird daher sehr viel geschrieben: spielerische Schreibübungen,<br />
10 Minuten Freewriting zu einem Thema, kurze Storys, Gedichte,<br />
Berichte, Dialoge etc. Um den Schreibfluss in Gang zu bringen und zu<br />
halten, ist es sinnvoll, regelmäßig „auf Zeit“ zu schreiben, am besten täglich.<br />
In meinem New Yorker Schreibkurs wurden die Studierenden aufgefordert,<br />
für die Dauer des Kurses (ca. 6 Wochen) jeden Tag mindestens<br />
15 bis 30 Minuten lang zu schreiben, entweder zu einem selbst gestellten<br />
Ausgangsthema (als „Sprungbrett“) oder private Reflexionen. Das Tagebuchschreiben<br />
wurde von der amerikanischen Schreibbewegung aus<br />
dem verstaubten Eck geholt, leicht umfunktioniert („Morgenseiten“,<br />
Cameron 1996) und zu einer Schreib- und Kreativitätsmethode erklärt<br />
(vgl. Levy 2002, von Werder 1998). Schreiben soll zu einer so selbstverständlichen<br />
Sache wie Sprechen werden. Dann wird es möglich, auch<br />
über schwierige Sachverhalte, wie z.B. wissenschaftliche Themen, ohne<br />
Ängste und Blockaden zu schreiben. Wissenschaft ist „auch und gerade<br />
eine Sache des Mutes“ (Kruse 2002 9 , 72), der durch das freie Schreiben<br />
gestärkt werden kann.<br />
C. Mini-Texte<br />
Große Arbeiten entmutigen besonders den Anfänger/die Anfängerin.<br />
Sie glaubt, alles auf einmal und sofort denken und schreiben zu müssen,<br />
oder versucht, in jedem Satz und Absatz gleich alles zu sagen. Erfahrungsgemäß<br />
funktioniert das Schreiben längerer Arbeiten gut, indem<br />
man sich von Kurztext zu Kurztext hantelt und diese Texte später in<br />
mehreren Überarbeitungsschritten miteinander verwebt. Die deutsche<br />
Dozentin für berufliches Schreiben, Doris Märtin, nennt das Montage-<br />
Stil (Märtin 1998, 37). In Bird by Bird (Lammot 1994), das auf der Leseliste<br />
meines New Yorker Schreibkurses stand, beschreibt die Schriftstellerin<br />
Anne Lammot den leeren Bilderrahmen in Passbildgröße auf ihrem<br />
Schreibtisch. Sie propagiert mit diesem Symbol die Methode der kleinen<br />
konkreten Aufgabenstellungen: Denk beim Schreiben immer nur an ein<br />
Detail des Themas, einen Aspekt, ein Bild, das in einem kleinen Rahmen<br />
Platz hat. Der Blick auf Details macht Texte dicht und spannend, außerdem<br />
hilft die Beschränkung auf kurze, leicht bewältigbare Texteinheiten<br />
beim Schreibenlernen. Darum sind auch die vielen kurzen Papers, die<br />
an amerikanischen Universitäten verfasst werden müssen, besser geeignet,<br />
das Schreiben zu erlernen, als die bei uns üblichen, viel zu großen<br />
Seminararbeiten.<br />
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