04.12.2012 Aufrufe

linguistische

linguistische

linguistische

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

38<br />

gäben, könnte die Anleitung und Betreuung von schriftlichen Arbeiten<br />

im Studium ein Fokus aktiven und dialogischen Lernens werden. 3 Hier<br />

liegt ein Schatz verborgen, der nur gehoben werden muss. Das Heben<br />

von Schätzen jedoch ist ein schwieriges Unterfangen, wie jeder weiß,<br />

der jemals eine Abenteuergeschichte las. Warum, so stellt sich die Frage,<br />

herrscht an deutschen Hochschulen so wenig Abenteurergeist?<br />

3. Warum ist es so schwierig, Lehrende an deutschen<br />

Hochschulen dafür zu gewinnen, Studierenden ihre<br />

Erfahrungen mit dem Schreiben weiterzugeben?<br />

Eine Hypothese<br />

Bei der Arbeit mit Schreibenden im Hochschulkontext und in der Zusammenarbeit<br />

mit KollegInnen in Schreibprojekten an anderen Universitäten<br />

haben wir viel darüber gelernt, wie das wissenschaftliche Schreiben intensiviert,<br />

erleichtert, verbessert und zum Lernen genutzt werden kann. Wir<br />

haben dabei auch sehr viel über Traditionen, Mentalitäten und Strukturen<br />

gelernt, die unser Anliegen behindern, dieses auf den ersten Blick doch<br />

wertvolle Praxiswissen zum Unterrichtsinhalt von immer mehr Lehrenden<br />

zu machen. Trotz neun Jahren Schreiblabor an der Universität Bielefeld<br />

halten sich z.B. zwei Vorstellungen bei DozentInnen ausgesprochen hartnäckig:<br />

Erstens, dass man Schreiben doch in der Schule gelernt haben müsse,<br />

und zweitens, dass eine Beratung wissenschaftlicher Schreibprozesse jenseits<br />

des jeweiligen fachwissenschaftlichen Kontextes unmöglich sei.<br />

Auf Nachfrage mutiert das erste Argument zumeist sehr schnell in<br />

einen beschwörenden Konjunktiv: Wenigstens Schreiben müsste man doch<br />

in der Schule gelernt haben … und so geht er mitunter weiter – der häufig<br />

geführte Dialog über die Existenzberechtigung des Schreiblabors:<br />

Schreiblabor: „Natürlich lernt man in der Schule schreiben, aber das<br />

Schreiben eines Deutschaufsatzes hat noch wenig mit dem Formulieren<br />

einer wissenschaftlichen Argumentation zu tun.“<br />

Hartnäckiger Wissenschaftler: „Aber die lernen ja heute nicht einmal<br />

mehr, orthographisch richtig zu schreiben. Wenn Sie sehen würden, wie<br />

viele Fehler die allein in einer Klausur machen. Ich streiche sie schon gar<br />

nicht mehr an. Und jetzt noch diese Rechtschreibreform …“<br />

Schreiblabor: „Aber darum geht es uns im Schreiblabor gar nicht. Wir versuchen,<br />

den Studierenden zu vermitteln, welche Denk- und Arbeitsschritte<br />

typischerweise beim Schreiben eines wissenschaftlichen Textes gemacht<br />

werden müssen und wie man sie am besten bewältigen kann …“<br />

Hartnäckiger Wissenschaftler: „Das ist sicherlich lobenswert, aber wie wollen<br />

Sie das tun, ohne irgendeine Ahnung von dem Fach zu haben. Sie können<br />

doch nicht einem Psychologiestudenten auf die Sprünge helfen, wenn Sie selber<br />

keine Ahnung von der Wissenschaftsdisziplin Psychologie haben …“<br />

kissling_korr.1.indd 38 14.09.2006 11:09:17 Uhr

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!