linguistische
linguistische
linguistische
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
106<br />
wird im Allgemeinen mit dem speziellen und spezifischen Wissen der<br />
jeweiligen Disziplin gleichgesetzt, also mit jenem Bereich, in dem der<br />
Autor/die Autorin als ExpertIn gilt. Weniger im Bewusstsein ist – vielleicht<br />
abgesehen von subjektiv empfundenen Defiziten bei fremdsprachigen<br />
Publikationen –, dass die anderen beiden Bereiche (AdressatInnen,<br />
Sprachstrukturen) für das Verfassen von wissenschaftlichen Arbeiten<br />
ebenfalls zentral sind. Mit ihrer Erforschung ist die Linguistik beschäftigt.<br />
Wir wollen im Folgenden einen kurzen Überblick geben, was mit<br />
diesen Aspekten gemeint ist und welchen Einfluss sie auf die Schreibkompetenz<br />
nehmen.<br />
Sprechen passiert immer in einem bestimmten Kontext, der es auch<br />
beeinflusst. Dieser kann enger oder weiter gefasst sein. Analog gilt dies<br />
natürlich auch für Schreibprozesse (vgl. die physische und soziale Umgebung<br />
in Hayes‘ Modell). Zum engeren Kontext kann man den unmittelbaren<br />
Text zählen, die Vorgängersätze, das Thema des Artikels usw. Der<br />
weitere Kontext umfasst z.B. die Charakteristik der Zeitschrift oder des<br />
Verlags, in dem das Werk veröffentlicht werden soll, und deren Vorschriften<br />
und Erwartungen, aber auch das gesamte wissenschaftliche Fach mit<br />
seinen Besonderheiten sowohl inhaltlicher als auch formaler Art. Nicht<br />
zuletzt dieser Kontext unterscheidet wissenschaftliches von anderen Formen<br />
des Schreibens.<br />
Sprechen und Schreiben haben im Kontext unterschiedliche Funktionen,<br />
die unterschiedliche Bereiche von Sprache umfassen. Die geläufigste<br />
und offensichtlichste ist diejenige des Themas, der Wissensvermittlung,<br />
der Darstellung. Sie ist im Kontext des wissenschaftlichen Faches<br />
zu sehen. In ihr stehen Aspekte des Wortschatzes, des Fachvokabulars,<br />
aber auch der Grammatik im Vordergrund. Dieses Wissen wird im Laufe<br />
einer wissenschaftlichen Karriere explizit und bewusst erworben. Allerdings<br />
gibt es einige Aspekte – sie werden manchmal als Stil bezeichnet –,<br />
die ebenfalls zur Form wissenschaftlichen Schreibens gehören, aber nicht<br />
immer in angemessener Form angewandt werden, da sie zwar wahrgenommen,<br />
aber nicht durchgehend aktiv beherrscht werden. Gerade<br />
im englischsprachigen Raum spielen sie eine nicht zu unterschätzende<br />
Rolle.<br />
Interpersonale Funktion –<br />
wer ist das eigentliche Zielpublikum?<br />
Anders sieht es mit den beiden weiteren Funktionen aus. Sie treffen im<br />
Prinzip ebenfalls auf jeden Text zu, geraten aber gerade bei wissenschaftlichen<br />
Texten häufig aus dem Blickfeld. Denn jeder Text hat zweitens eine<br />
interpersonale Funktion, d.h., er stellt eine Beziehung zu seinen LeserInnen<br />
her. Dazu ist es notwendig, über Erwartungshaltungen von potentiellen<br />
LeserInnen zu spekulieren. Dies im Bewusstsein zu haben ist wichtig und<br />
wird gerade von „AnfängerInnen“ manchmal nicht bedacht. Schreibende<br />
kissling_korr.1.indd 106 14.09.2006 11:09:38 Uhr