04.12.2012 Aufrufe

linguistische

linguistische

linguistische

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

30<br />

fachfremde Einflüsse in der eigenen Disziplin, die vermutlich auf einer<br />

Angst vor Verlust der Kontrolle über die Erkenntnismethoden des eigenen<br />

Fachs beruhen.<br />

4. Die akademische Sozialisation<br />

An deutschsprachigen Hochschulen ist das Schreiben von Hausarbeiten<br />

ein wesentlicher Mechanismus des Lernens. In Seminaren werden<br />

Themen an die Teilnehmenden ausgegeben, die sie selbständig bearbeiten<br />

und deren Resultate sie dann im Rahmen der Lehrveranstaltung<br />

präsentieren oder als Hausarbeit abgeben. Die Lernleistung in solchen<br />

Seminaren beruht auf zwei wesentlichen Säulen: zum einen auf der Diskussion<br />

im Seminar und zum anderen auf der selbständigen Erarbeitung<br />

und Verschriftlichung eines Themas. Die eine Form ist also mit dem<br />

mündlichen, die andere mit dem schriftlichen akademischen Diskurs<br />

verbunden. Beide Formen des Diskurses erhalten nur wenig Aufmerksamkeit<br />

von den Dozierenden, die sich meist nur den fachinhaltlichen<br />

Aspekten verpflichtet fühlen.<br />

Welche Leistungen von Studierenden beim Herstellen von Hausarbeiten<br />

verlangt werden, ist erst in den letzten zehn Jahren genauer betrachtet<br />

worden. Auch die Schulen haben mit der Einführung der Facharbeit eine<br />

aktivere Rolle in der Vorbereitung auf das wissenschaftliche Schreiben<br />

übernommen (Steets 2003). Jedoch kann man noch immer mit Recht<br />

sagen, dass die Studierenden weitgehend unvorbereitet mit dieser Aufgabe<br />

konfrontiert werden. Hilfen zur grafischen Gestaltung und zur<br />

Gestaltung der Zitate und Literaturangaben sind meist das Einzige, was<br />

an fachspezifischer Hilfe zum Schreiben von Hausarbeiten geboten wird.<br />

In den Literaturhinweisen wird häufig auf allgemeine Schreibratgeber<br />

zum wissenschaftlichen Schreiben verwiesen, von denen in den letzten<br />

10 Jahren einige erschienen sind (u.a. von Werder 1993; Kruse 1993;<br />

Bünting, Bitterlich u. Pospiech 1996; Boehnke 2000). Sie geben eine prozessorientierte,<br />

zum Teil auch textsortenspezifische Anleitung zum Herstellen<br />

von Texten und bieten erste Hilfe bei Schreibproblemen an.<br />

Es ist aber nicht nur so, dass die Studierenden zu wenig Unterstützung<br />

beim Schreiben bekommen, es ist auch schlicht unbekannt, wie sie und<br />

was sie durch das Abfassen einer Hausarbeit lernen. Paradoxerweise gibt<br />

es keine Untersuchungen und keine nennenswerten Diskurse darüber,<br />

wie diese zentrale Lernform an deutschen Hochschulen eigentlich funktioniert.<br />

Weder Hochschuldidaktik noch Schreibforschung haben sich<br />

speziell damit beschäftigt, wie durch das Schreiben einer Hausarbeit (resp.<br />

Seminararbeit) Erkenntnisgewinn entsteht. Zwar ist sich die Schreibforschung<br />

sicher, dass das Schreiben ein Mittel des Denkens und Lernens ist<br />

bzw. sein kann, aber diese Erkenntnis ist nie auf die besonderen Bedingungen<br />

bezogen worden, unter denen Studierende an deutschen Hochschulen<br />

Hausarbeiten schreiben.<br />

kissling_korr.1.indd 30 14.09.2006 11:09:15 Uhr

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!