linguistische
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Als ich fünf Jahre nach meinem Studienaufenthalt in Kalifornien aus<br />
beruflichen Gründen für ein Jahr nach New York ging, hatte ich mich<br />
bereits über die Hintergründe meiner positiven Schreiberlebnisse in Berkeley<br />
informiert: Die Methoden des Creative Writing hatten seit den 1970er<br />
Jahren in den wissenschaftlichen Lehrbetrieb der Universitäten und Fakultäten<br />
Einzug gehalten (Writing-Across-the-Curriculum). Jetzt wollte ich die<br />
amerikanische Schreiblehre genauer kennen lernen und meldete mich an<br />
der New York University für ein Seminar namens Can I Really Write? an.<br />
Über 60 (!) Kurse zum Schreibenlernen waren im Katalog der School of<br />
Continuing and Professional Studies (Weiterbildungszweig der New York<br />
University) im Frühjahr 2001 in der Sektion Writing and Speech aufgelistet.<br />
Can I Really Write? war eine intensive Einführung in kreative Schreibmethoden<br />
und literarische Strategien. Es scheint mir sinnvoll, hier die<br />
wesentlichen Ansätze dieses Kurses zu beschreiben, sind sie doch auch für<br />
wissenschaftliches Schreiben anwendbar und stellen eine brauchbare Alternative<br />
zur Methode „Zähne zusammenbeißen und durch“ dar. Studierende,<br />
die jahrelang ihre Diplomarbeiten aufgeschoben haben, finden in meinen<br />
Schreibkursen mit diesen Methoden Freude am Schreiben und schließen<br />
zügig mit kompetenten wissenschaftlichen Arbeiten das Studium ab.<br />
A. Freewriting<br />
Ein wichtiger Ansatz der amerikanischen Schreibschule ist es, fürs Erste<br />
einfach zu schreiben, was einem so einfällt: ein wilder, freier Rohtext zu<br />
einem Ausgangsthema. Peter Elbow war der Vorreiter des Freewriting,<br />
und Natalie Goldberg hat Regeln dafür formuliert (Goldberg 1986, 8):<br />
Nicht lesen, was man gerade geschrieben hat, keinesfalls etwas ändern.<br />
Wichtig ist, eine vorher festgesetzte Zeit lang (z.B. 10 Minuten) die Hand<br />
ohne Unterbrechung schreibend zu bewegen, aufzuschreiben, was immer<br />
einem in den Sinn kommt. Exkurse und Nonsens sind erlaubt. Rechtschreibung,<br />
Grammatik und Form sollen hier noch keine Rolle spielen.<br />
Ziel des Freewriting ist es, den Schreibfluss zu aktivieren: Wenn das<br />
Schreiben leicht von der Hand geht, kann, was gedacht werden kann,<br />
auch geschrieben werden. Das Augenmerk der amerikanischen Schreiblehrmethode<br />
liegt also am Schreibfluss. Wenn zwischen Denken und<br />
Schreiben eine direkte Verbindung besteht, funktioniert das Schreiben.<br />
Alle Zwischenschritte sind – besonders für den Anfänger – hinderlich.<br />
Wer zu viel plant, vordenkt, glaubt, die ganze fertige Arbeit vor sich sehen<br />
zu müssen, behindert sich. Denn Schreiben ist Prozess, ein Satz entsteht<br />
aus dem anderen, ein Gedanke entsteht nach dem anderen. Wer vor dem<br />
Schreiben alles zu Ende denkt, verhindert diesen Prozess. Also setz dich<br />
hin und schreib einfach drauflos! Interessanterweise entstehen – nach<br />
etwas Übung – aus dem Freewriting oft schon gelungene Texte bzw. Textabschnitte,<br />
die durch Überarbeitungen auf ein noch besseres Niveau<br />
gehoben werden können.<br />
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