linguistische
linguistische
linguistische
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
140<br />
häufig nicht klar zwischen These, Fragestellung, Zielsetzung und fachspezifischer<br />
Relevanz der zu behandelnden Thematik unterschieden.<br />
Wir vermuten, dass Studierende während des Studiums zu wenig<br />
damit konfrontiert werden, sich dieses wissenschaftliche Know-how<br />
anzueignen. Klare Arbeitshypothesen aus einer Fragestellung abzuleiten,<br />
damit müssen sich Studierende meist erstmals im Rahmen<br />
der Abschlussarbeit auseinandersetzen. Dementsprechend bereitet<br />
es ihnen Schwierigkeiten, ihr subjektives Vorverständnis und vermeintliche<br />
Selbstverständlichkeiten als solche zu erkennen, um sie<br />
nicht unreflektiert in die Definition und Bearbeitung der Thematik<br />
einfließen zu lassen. Eine Studierende etwa, die zum Thema Heilende<br />
Kommunikation in nicht-therapeutischen Situationen eine Diplomarbeit<br />
schreiben will, erklärt in der Problemdarstellung die zugrunde<br />
liegenden theoretischen Modelle therapeutischer Kommunikation<br />
(Rogers, Watzlawick). Ihre Grundannahme, dass vertrauensvolle,<br />
freundschaftliche Beziehungen in Problemsituationen therapeutische<br />
Interventionen ersetzen können, setzt sie jedoch unhinterfragt voraus,<br />
statt sie als Arbeitshypothese auszuformulieren.<br />
• Aufforderungen, den fachspezifischen Bezug des gewählten Vorhabens<br />
argumentativ aufzuzeigen, stellen für Studierende oft ein glattes Parkett<br />
dar. Sie sind es nicht gewohnt, sich bewusst der fachspezifischen<br />
Perspektive auf eine Thematik zu bedienen und daraus Bedeutung und<br />
Zielsetzung logisch abzuleiten. Auf die Frage, inwiefern das gewählte<br />
Thema in der Studienrichtung Publizistik und Kommunikationswissenschaften<br />
relevant sei, meinte eine Diplomandin beispielsweise,<br />
dass ein Professor in der Vorlesung darüber gesprochen habe, dass das<br />
Thema interdisziplinär sei und deshalb nicht eindeutig zuordenbar.<br />
Mit der Berufung auf eine fachliche Autorität hat sich die Diplomandin<br />
damit einer fachlich-argumentativen Legitimation ihres Themas<br />
entzogen.<br />
• Mitunter mangelt es auch an der Kompetenz, die fachliche Relevanz<br />
des geplanten Schreibvorhabens realistisch einzuschätzen. Studierende<br />
neigen dazu, ihr Thema zu überschätzen bzw. zu unterschätzen (Bortz/<br />
Döring 1995, 40). So hat beispielsweise eine Studierende der Ergotherapie<br />
im Rahmen ihrer Abschlussarbeit einen Therapiewagen für die<br />
ergotherapeutische Arbeit mit bettlägerigen PatientInnen entwickelt<br />
und hat damit im Grunde das Arbeitsfeld der Ergotherapie wesentlich<br />
erweitert. Diese Tragweite ihrer Arbeit erkannte die Studentin jedoch<br />
nicht und konnte sie auch nicht zum Ausdruck bringen.<br />
• Studierenden fehlt meist die Einsicht, dass ein Thema erst dann<br />
bearbeitbar ist, wenn die wesentlichen Begriffe, die das Vorhaben<br />
charakterisieren, klar, eindeutig und unmissverständlich formuliert<br />
werden können. Bortz/Döring sprechen in diesem Zusammenhang<br />
von der Kommunikationsfähigkeit der Begriffe: „Nach der Regel: Ein<br />
Gesprächspartner, der meint, mich verstanden zu haben, muss in der<br />
Lage sein, einem Dritten zu erklären, was ich mit meinem Begriff<br />
kissling_korr.1.indd 140 14.09.2006 11:09:49 Uhr