linguistische
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Hierher gehören erstens jene Charakteristika, die sich erst bei einer<br />
Betrachtung des gesamten Aufsatzes einschätzen lassen: Ob der im Titel<br />
des Aufsatzes ausgedrückte Anspruch im weiteren Verlauf eingelöst wird.<br />
Ob die Abschnitte der Arbeit logisch aufeinander folgen (was zumeist<br />
schon – falls vorhanden – am Inhaltsverzeichnis deutlich wird) bzw. ob<br />
die Abschnitte dann inhaltlich ihren Überschriften entsprechen. Ob die<br />
Vorgangsweise zur Beantwortung der Forschungsfrage wissenschaftlichen<br />
Standards entsprechend realisiert wird usw.<br />
Zweitens ist an Eigenschaften zu denken, die im Rahmen einer einzigen<br />
Seite nur ansatzweise erkennbar werden: Wie wird mit Quellen umgegangen,<br />
wie wird interpretiert, wie werden Schlussfolgerungen gezogen?<br />
Drittens bleiben auch jene Eigenschaften verborgen, die erst am<br />
Schluss deutlich werden: Was sind die Ergebnisse der Untersuchung? Hat<br />
die Arbeit die zu Beginn angekündigte Relevanz eingelöst?<br />
Dessen ungeachtet kann ein Teil der Charakteristika eines Textes aufgrund<br />
der „ersten Seite“ beurteilt werden. Somit erhalten die kritisierten<br />
Studierenden bereits eine Reihe von Hinweisen darauf, wo ihre Darstellungsweise<br />
Stärken und Schwächen zeigt und woran sie arbeiten sollten.<br />
Zeit: Wie lange dauert die Besprechung einer ersten Seite?<br />
Für die gemeinsame Besprechung einer ersten Seite im Rahmen der<br />
Lehrveranstaltung sind – je nach Ausführlichkeit – ungefähr 15 bis 40<br />
Minuten zu veranschlagen. Bei 10 oder 20 an der Übung teilnehmenden<br />
Studierenden ergibt sich daraus in Summe ein beträchtlicher Zeitaufwand.<br />
Wird der Text erst in der Besprechungsstunde selbst verteilt,<br />
müssen weitere 5 bis 10 Minuten für stille Lektüre veranschlagt werden.<br />
Daher wäre es vorteilhaft, die Lektüre des Textes als Hausaufgabe zu<br />
geben. Dabei gibt es zwei Unsicherheitsfaktoren: Wie viele der Studierenden<br />
lesen die Texte ihrer KollegInnen tatsächlich schon zuhause durch?<br />
Und hat vielleicht ein Teil der Studierenden die Textkopien nächstes Mal<br />
vergessen und sitzt dann ohne Vorlage dabei?<br />
Ein weiterer Versuch zeitlicher Abkürzung bzw. Optimierung besteht<br />
darin, dass ich dem/der betreffenden Studierenden meine gesamte Kritik<br />
an seinem/ihrem Text bereits zuvor per E-Mail mitteile (oder durch<br />
meine zur Übungsarbeit hinzugefügten handschriftlichen Kommentare).<br />
Damit haben die jeweiligen AutorInnen meine Kritik schriftlich vorliegen<br />
und können in Ruhe darüber nachdenken; werden sie dagegen erstmals<br />
in der Lehrveranstaltungssitzung mit meiner Kritik konfrontiert, so<br />
besteht ihre erste Reaktion eher darin, ihren Text zu rechtfertigen als sich<br />
auf Kritikpunkte und auf die Erwägung einzulassen, ob/inwiefern Kritik<br />
berechtigt ist. 4<br />
Bei der Besprechung in der Lehrveranstaltung kann ich dann den Studierenden<br />
„den Vortritt lassen“. Das hat mehrere Vorteile. Da die Beurteilung<br />
seitens der Studierenden nach meiner Erfahrung scharfsinnig<br />
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