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Die Dialektik von Form und Inhalt<br />

Die graphische Gestaltung von Texten folgt semiotischen Prinzipien, d.h.,<br />

jedes gestalterische Element („Formatierungselement“) verleiht einer<br />

(damit „formatierten“) bestimmten Textstelle eine bestimmte Funktion<br />

und vice versa. Die graphische Gestaltung des Textes, das Layout, soll<br />

der Logik des Arbeitsaufbaues entsprechen, d.h., die eingesetzten graphischen,<br />

sprich layouterischen Mittel sollen die inhaltliche und logische<br />

Struktur des Textes unterstützen. Wenn z.B. in einem Text Quellen oder<br />

Übersetzungen grundsätzlich kursiv formatiert/gesetzt sind, dann steht<br />

die Formatierung „kursiv“ für die Funktion/Bedeutung „Quellen“, sie ist<br />

für diese Funktion/Interpretation reserviert und steht daher nicht mehr<br />

für andere Funktionen/Interpretationen zur Verfügung. Wird dieses<br />

Prinzip eingehalten, dann ist die optisch-graphische Einheitlichkeit des<br />

Textes, die Zuverlässigkeit der formalen Struktur und damit eine gute<br />

Lesbarkeit garantiert.<br />

Die optisch-graphische Gestaltung einer Textseite und schließlich<br />

des gesamten Textes ist der letzte Akt des Textproduktionsprozesses. Sie<br />

beginnt bei der (graphischen) Strukturierung der Arbeit und umfasst<br />

die Ausformung von Überschriften, die Strukturierung des Inhaltsverzeichnisses<br />

(graphische Darstellung der hierarchischen Struktur), sie<br />

betrifft aber auch die Frage, an welchen Stellen es der Argumentationsfluss<br />

erfordert/erlaubt, den Text in Absätze zu zerlegen, wie der Anmerkungsapparat<br />

aufzubauen ist usw. Die Klärung dieser Fragen ist keineswegs<br />

trivial, sondern erfordert eine wiederholte Überprüfung des Textes,<br />

seiner Formulierungen und seiner inhaltlichen Aussagen. Die Arbeit am<br />

Layout selbst stellt somit auch die endgültig letzte Kontrolle des Textes<br />

hinsichtlich seiner inhaltlichen und formalen Konsistenz dar, d.h., dass<br />

die inhaltliche und die graphische Struktur des Textes nicht im Widerspruch<br />

zueinander stehen dürfen.<br />

Es steht außer Zweifel, dass bei der graphischen Textgestaltung auch<br />

ästhetische Gesichtspunkte, die typographischen Handwerkstraditionen<br />

entstammen, eine Rolle spielen (wie z.B. das Vermeiden von Satzfehlern,<br />

von so genannten „Schusterjungen“ – wenn die erste Zeile eines neuen<br />

Absatzes am Ende einer Seite zu stehen kommt – und von so genannten<br />

„Hurenkindern“ – wenn die letzte Zeile eines Absatzes auf eine neue Seite<br />

gesetzt wird). Typographische Professionalität wird aber für Abschlussarbeiten<br />

nicht als Standard einzufordern sein, auch wenn sie sich tendenziell<br />

immer mehr durchsetzt.<br />

Pädagogische Konsequenzen<br />

Als Folge der elektronischen Textproduktion sind die (graphisch-)formalen<br />

Anforderungen an Texte gestiegen, maschinenschriftliche Texte<br />

(als Abschlussarbeiten) werden heute de facto nicht mehr akzeptiert. Die<br />

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