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Mikrostruktur wollen wir erläutern und an einigen Beispielen illustrieren.<br />

Was sind Genres? Wir kennen den Begriff aus der Literaturtheorie,<br />

wo manchmal auch der Ausdruck „(literarische) Gattung“ verwendet<br />

wird. Aber selbstverständlich lässt sich dieses Konzept gleichermaßen<br />

auf Geschriebenes außerhalb der Künste anwenden, auf Alltags- und<br />

Wissenschaftstexte. Ein Genre kann in Anlehnung an Swales‘ Arbeitsdefinition<br />

(1990, 45ff) als eine Gruppe von Texten bezeichnet werden 2 ,<br />

die einen bestimmten kommunikativen Zweck erfüllt. Diese Zwecke werden<br />

von den Mitgliedern der entsprechenden Diskursgemeinschaft (z.B.<br />

WissenschaftlerInnen einer bestimmten Disziplin) anerkannt und bilden<br />

das Grundprinzip für die Organisation des Textes. Natürlich beeinflussen<br />

sie auch Stil und Thematik des Genres. Allerdings gibt es innerhalb eines<br />

Genres eine bestimmte Bandbreite an verschiedenen Realisierungen, die<br />

einander zwar in gewisser Weise ähnlich, aber nicht identisch sind. Wir<br />

haben es also mit einer bestimmten Varianz zu tun, wobei besonders typische<br />

Exemplare als Prototypen eines Genres bezeichnet werden können.<br />

Auch das Genre wissenschaftlicher Text lässt sich in zahlreiche Untergenres<br />

einteilen (Monographien, Artikel, Sammelbandbeiträge, Einführungen/Studienbücher,<br />

Forschungsanträge, Begutachtungen, Rezensionen,<br />

Begleitbriefe für Einreichungen von Artikeln bei wissenschaftlichen Zeitschriften,<br />

um nur einige wenige zu nennen). Wissenschaftliche Artikel<br />

können dabei als Prototypen gesehen werden. Einige generelle Aussagen<br />

für wissenschaftliche Sub-Genres über verschiedenste Disziplinen hinweg<br />

lassen sich durchaus treffen. So kann die Struktur wissenschaftlicher Texte<br />

im Allgemeinen mit einem Sanduhrmodell (mit breitem Kopf und Fuß<br />

und einem enggeführten Mittelteil) recht zutreffend beschrieben werden.<br />

Demzufolge ist die Perspektive einer prototypischen wissenschaftlichen<br />

Arbeit in der Einleitung zunächst eher weit und wird verengt zur aktuellen<br />

Fragestellung, die mit den entsprechenden Abschnitten über Methoden<br />

und Resultate eine partikuläre Perspektive einnimmt. Im Schlussteil<br />

wird die geschlossene Perspektive von Einzelergebnissen erweitert<br />

auf (mögliche) allgemeingültige Aussagen (vgl. z.B. Swales 1990, 134ff).<br />

Dieses Bild muss nicht in jeder Weise auf jede wissenschaftliche Arbeit<br />

zutreffen (da wir ja von „Ähnlichkeiten“ sprechen), ist jedoch ein guter<br />

Anhaltspunkt, um die eigene Arbeit einzuschätzen. Für die Vermittlung<br />

dieser generellen Strukturen scheinen uns, wie gesagt, multidisziplinäre<br />

Gruppen von Lernenden besonders geeignet, weil hier, unabhängig vom<br />

inhaltlichen Aspekt, auf Strukturen fokussiert werden kann und dadurch<br />

auch potentielle inhaltliche Konkurrenzphänomene, die für das Lernen<br />

hinderlich sind, ausgeschaltet werden können.<br />

Auf der Makroebene kann der Prototyp eines wissenschaftlichen Textes<br />

in drei bis fünf Abschnitte gegliedert werden: Einleitung, Durchführung<br />

der Untersuchung (Methoden und Resultate), Diskussion/Schlussfolgerungen.<br />

Diesen können – empirisch abgesichert und nicht präskriptiv<br />

normend – charakteristische sprachliche Merkmale zugeordnet werden:<br />

Vom Passivgebrauch über Perspektive, redeberichtende Verben, AutorIn-<br />

kissling_korr.1.indd 108 14.09.2006 11:09:39 Uhr

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