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Wissenschaft und Wahrheit zusammen: So viele Studierende ringen mit<br />

der von niemandem je ausgesprochenen und doch hörbaren Anforderung,<br />

etwas „objektiv“ Wahres zu ihrem Thema zu schreiben. So selten<br />

noch wird in der Lehre jedoch Denk- und Handwerk zur wissenschaftlich<br />

akkuraten Darstellung und Beschreibung eigener, also situierter Beobachtungen<br />

oder Überlegungen vermittelt. Immer noch wird das „nicht<br />

Verstehen“, das „Problem“, der „Zweifel“ negativ bewertet. 4 Dabei können<br />

gerade diese Phänomene oft Ausgangspunkt sein für eine Auseinandersetzung<br />

mit den fachlichen Inhalten des Studiums. Wer im Studium lernt,<br />

solchen Auseinandersetzungen auszuweichen und eigene Fragen als Studierhindernis<br />

zu vermeiden, der geht zwar auf Nummer Sicher, erfährt<br />

aber niemals, was Forschung bedeuten kann. Und leider verbergen noch<br />

immer viel zu viele, die selbst zu ForscherInnen und zu professionellen<br />

Mitgliedern der Universität werden, ihre Fragen und ihre Denkprobleme<br />

vor den anderen.<br />

Eine Lehrkultur, die den Fehler nicht als Quelle möglicher Lernprozesse<br />

erkennt, in der Lehrende sich nicht in der Verantwortung sehen,<br />

Studierenden die Gelegenheit zu geben, aus „misslungenen“ Versuchen<br />

zu lernen, vergeudet kostbare Ressourcen. Wenn Klausuren und Hausarbeiten<br />

nur noch benotet werden, ohne dass ihre studentischen Autor-<br />

Innen ein Feedback dazu erhalten, was sie auf welche Weise hätten besser<br />

machen können, büßen solche Studienarbeiten ihren Übungscharakter<br />

ein. Die Studierenden haben überhaupt keine Chance, aus ihren Fehlern<br />

zu lernen.<br />

Dass vielen ProfessorInnen ihr WissenschaftlerInnenhabitus näher ist<br />

als ihre Rolle als Lehrende/Lehrender, ist eine alte Platte. Aber es lohnt<br />

sich, diese Platte noch einmal aufzulegen und vorher umzudrehen, und<br />

zwar nicht nur in Bezug auf das Thema wissenschaftliches Schreiben:<br />

Dann hört man nämlich auch die frustrierten, enttäuschten, ja manchmal<br />

gekränkten Untertöne: Wie wenig aus dem „gemacht wird, was ihnen<br />

wichtig ist“; die Klagen darüber, dass viele Studierende nicht in der Lage<br />

sind, eine Sache (ihre Sache) gedanklich zu durchdringen oder auch nur<br />

auf irgendeinen Punkt zu bringen; die Hilflosigkeit angesichts seitenlanger<br />

und gedankenfreier Imitationen wissenschaftlicher Prosa – es ist ja<br />

nicht so, als gäbe es auf dieser Seite keinen Leidensdruck! Es ist bestimmt<br />

nicht nur im Interesse der Studierenden, wenn Lehrende die Denk- und<br />

Arbeits- bzw. Handlungsprozesse bewusster anleiten und betreuen, die<br />

Studierende beim Schreiben ihrer Studienarbeiten absolvieren.<br />

Welche Lehrende/Welcher Lehrende liest nicht gerne hervorragende<br />

Studienarbeiten? Wer wünscht sich nicht Studierende, die sich in das<br />

Material ihrer Studienarbeiten hineinbegeben und eigene Gedanken<br />

dazu entwickeln? Wenn Lehrende entdecken, dass die Beschäftigung<br />

mit dem Schreiben nicht von der Wissenschaft weg-, sondern zu ihr<br />

hinführt, können sie mehr sein als VermittlerInnen gesicherten Wissens<br />

und BewerterInnen von Studienleistungen. 5 Sie können Studierenden<br />

Mut machen, schreibend zu lernen. Dazu müssten sie nur ihre Maßstäbe<br />

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