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Die österreichische Hochschulpolitik hat auf die Veränderung an der<br />

Schnittstelle nicht reagiert. Auf der einen Seite steht die Schule, heute<br />

erfreulicherweise mehr förderungsorientiert und weniger leistungsselektiv<br />

als noch im dritten Viertel des 20. Jahrhunderts, die auf veränderte<br />

gesellschaftliche Bedingungen des Heranwachsens reagieren muss mit<br />

neuen, arbeitsintensiven Vorgangsweisen (Stichworte: „Kleinarbeiten<br />

von Kontingenz“; Klärungen, Begründungen und Schließen von Vereinbarungen<br />

betreffend die Erwartung, das Verhalten und die Arbeitsweise<br />

aller am Unterricht Beteiligten – eine anstrengende und zeitaufwendige<br />

Arbeit auf subfachdidaktischer Ebene, durch die erst die Basis für weitere<br />

fachliche Arbeit in der Schule geschaffen wird; vgl. Ziehe 1994; Eder<br />

1998). Auf der anderen Seite steht die Universität, die diese Entwicklung<br />

ihres „Zubringersektors“ jahrzehntelang tabuisiert hat und bestrebt ist,<br />

das Niveau ihrer Studienanforderungen beizubehalten, wobei fraglich ist,<br />

ob ihr das (bei wie vielen Studierenden) gelingt. Die an der Schnittstelle<br />

sichtbar werdende Leerstelle der Schreibkompetenz, die bei Studierenden<br />

und Hochschullehrenden Unbehagen schafft und das Erreichen des<br />

Studienziels gefährdet, könnte auf Schul- oder auf Universitätsseite durch<br />

Brückenkurse aufgelöst werden; oder aber (und das ist die Frage!) aufgelöst<br />

werden durch ein Auswahlverfahren der Universität (das zugleich<br />

die Studierendenzahlen senken und dadurch die statistischen Betreuungsverhältnisse<br />

verbessern würde). Solche Brückenkurse könnten<br />

Thema der Leistungsvereinbarung sein, die jede österreichische Universität<br />

(erstmals) bis Ende 2006 mit dem Bundesministerium für Bildung,<br />

Wissenschaft und Kultur auf Basis des Universitätsgesetzes 2002, § 13,<br />

abschließen muss. (Zu den dominierenden und den ausgegrenzten Perspektiven<br />

der Leistungsvereinbarungen in Deutschland vgl. König/Kreckel<br />

2005.) Aber auch wenn die Universitäten ein solches Brückenkurs-<br />

Vorhaben nicht reklamierten, ergibt sich aus der Doppelzuständigkeit des<br />

BMBWK sowohl für Universitäten als auch für das vorgelagerte Schulwesen<br />

eine besondere Ingerenz des Ressorts für Schnittstellen zwischen<br />

den beiden Bereichen. Bisher scheint das Ministerium eher zuzusehen,<br />

wie einige Universitäten ihre Studieneingangsphase als Selektionsinstrumente<br />

adaptieren, anstatt dass es sich um Anschlussfähigkeit der höheren<br />

Schulen an universitäre Eingangsvoraussetzungen (und umgekehrt)<br />

sorgt.<br />

Bei den Auswahlverfahren in der Studieneingangsphase haben Universitäten<br />

vor allem zwei Möglichkeiten: Sie können auf die Wiedergabe<br />

des in Großvorlesungen präsentierten Stoffes setzen und damit das<br />

falsche Signal geben, nämlich dass ein Universitätsstudium v.a. durch<br />

Stoffhuberei zu gewinnen wäre. Oder sie setzen auf Überprüfung jener<br />

komplexen Fähigkeiten, die zur Realisierung von Grundformen wissenschaftlichen<br />

Arbeitens erforderlich sind. Damit würden sie an die StudienanfängerInnen<br />

zwar das richtige Signal senden, gleichzeitig würden sie<br />

jedoch den im gesamten Studienverlauf wohl schwierigsten Lernprozess<br />

– die reflektierende Einübung eines neuen Modus der Weltaneignung –<br />

kissling_korr.1.indd 18 14.09.2006 11:09:11 Uhr

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