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linguistische

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kürzestem Weg zur Erledigung einer Studienaufgabe führt: Denken als<br />

Anstrengung des Begriffs, dessen Unberechenbarkeit riskant für die Absolvierung<br />

des kürzesten Weges von A nach B ist; Selbstkritik, weil sie Komplexität<br />

steigert und das Erledigungstempo reduziert; Erkundungen und<br />

kleine methodisch geleitete Forschungsvorhaben, weil sie das Risiko von<br />

Irr- und Umwegen einschließen, nur durch Kompilation vorhandenen<br />

Wissens aber nicht realisiert werden können; genaues Hinschauen, weil<br />

unter der Oberfläche Unerwartetes erscheint, das weiterer, wegverlängernder<br />

Erkundung bedürfte und schließlich ein verändertes Verhältnis<br />

zu diesem Weltausschnitt (und zu sich selbst) erfordern könnte; Sich-<br />

Einlassen auf ein Gegenüber, auf eine Frage, weil die damit verbundene<br />

Dynamik vom vorausberechneten kürzesten Weg wegführen kann, hin<br />

zu faszinierenden und eben deshalb „bedrohlichen“ Terrains; Aushalten,<br />

was eigenen Wünschen und Erwartungen widerspricht, und Aufschieben<br />

des Urteils, weil beides nicht sofort umsetzbar ist in eine bescheinigbare<br />

Leistung; Unterscheidung zwischen Aussage und ihrem Gegenstand, weil<br />

Aufmerksamkeit für Sichtweisen und deren Zustandekommen, für die<br />

inneren und äußeren „Sehepunkte“, wie Chladenius 1752 die vielfältigen<br />

Bedingnisse unterschiedlicher Sichtweisen nannte, 5 Zeit beansprucht.<br />

„Schnellstudieren“ aufgrund solcher Ersparnis konterkariert gerade<br />

jene Grundlagen universitären Lehrens und Lernens, die zur Herstellung<br />

von Sach- und Wissenschaftstexten erforderlich sind, von Texten also, in<br />

denen (zunächst sehr klein dimensionierte) neue Fragen (oder alte Fragen<br />

auf eigene bzw. neue Weise) nachvollziehbar und begründungspflichtig<br />

beantwortet werden sollen. Wenn es stimmt, dass in Arbeiten von<br />

Studierenden (ausgewiesene) Kompilationen ohne nennenswerte eigene<br />

Stellungnahme und, wie gelegentlich behauptet wird, sogar Plagiate<br />

zunehmen (systematische Untersuchungen liegen für österreichische<br />

Universitäten nicht vor), 6 sollte die Frage gestellt werden, ob die beiden<br />

verbreiteten Erklärungen – dieser Regelverstoß sei durch Möglichkeiten<br />

des Internet hervorgerufen worden bzw. er sei eine Folge studentischer<br />

Anstrengungsvermeidung – nicht zu kurz greifen: Denn kann das Plagiat<br />

nicht als der Versuch einer Problemlösung verstanden werden, insofern<br />

unter Zeitdruck gesetzte Studierende den schnellsten Weg zum Zeugnis<br />

wählen? Dann wäre der Untertitel des Zeitungsartikels „Copy and Paste“<br />

gut gewählt: „Unter Studenten herrscht zweifelhafter Pragmatismus“. Was<br />

für sie die jeweils „pragmatischen“ Vorgangsweisen sind, wird auch von<br />

den Rahmenbedingungen ihres Studierens beeinflusst, auf die hin sie<br />

handeln und die sich als Kontexte in ihre Textproduktion einschreiben.<br />

Bedingung: Proseminare und Seminare<br />

Seminaristische Lehrveranstaltungen sind (manchmal: wären) der eigentliche<br />

Ort angeleiteten Schreibens und des Generierens von Wissen. Die<br />

Partizipation Studierender an Proseminaren und Seminaren war in man-<br />

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