Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...
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Abbildung 45: Harmonische Zusammenhänge zwischen C-Dur <strong>und</strong> E-Dur.<br />
Unter diesen Gesichtspunkten kann der Tristan-Akkord in Takt 2 wenigsten auf drei<br />
verschiedene Weisen gedeutet werden: aus Sicht der <strong>Klangzentren</strong> a-Moll bzw. C-Dur<br />
<strong>und</strong> aus Sicht des Klangzentrums E-Dur. Im ersten Fall könnte man den Tristan-Akkord<br />
als Vorhalt zu einem übermäßigen Terzquartakkord deuten, also doppeldominantisch zu<br />
a-Moll (Abbildung 46 links) oder dominantisch zu C-Dur. Die Deutung in a-Moll<br />
könnte man als die traditionelle funktionstheoretische Erklärung des Tristan-Akkords<br />
ansehen. 270 Dem zufolge müsste man den Melodieschritt Gis–A als eine Bewegung von<br />
der Sext zur Sept hören – das entspricht aber kaum der tatsächlichen Wahrnehmungssituation.<br />
Aus Sicht des Klangzentrums E-Dur ergibt sich dagegen ein etwas anderes<br />
Bild. Der halbverminderte Septakkord auf F hat wie der verminderte Dreiklang auf F<br />
(vgl. Abbildung 45) zwei gemeinsame Töne mit E-Dur (Gis <strong>und</strong> H), eine umständliche<br />
Deutung aus Sicht der Dominante ist also gar nicht unbedingt notwendig. Statt dessen<br />
könnte man den halbverminderten Septakkord auf F bereits als einen direkten Vorhalt<br />
zur Tonika E-Dur deuten (Abbildung 46 rechts). 271 Die Melodielinie Gis–A–Ais–H<br />
wäre dann einfach ein Durchgang von der Terz zur Quint des Zentralklanges E-Dur <strong>und</strong><br />
die kleine Sept könnte als zusätzliche Farbe des Zielklanges bewertet werden.<br />
F& : / D7<br />
Y7 _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 8<br />
5ö 2ö _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 1<br />
Abbildung 46: Tristan-Akkord aus Sicht von a-Moll (links) <strong>und</strong> aus Sicht von E-Dur (rechts).<br />
270<br />
Vgl. Erpf, Studien zur Harmonie- <strong>und</strong> Klangtechnik, S. 162.<br />
271<br />
Erpf bezeichnet diese Beziehung als Doppelleittonklang da die Prim durch zwei Leittöne erreicht wird<br />
(vgl. Ebda., S. 51 u. S. 162.).<br />
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