Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...
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deshalb – dem „natürlichen Evolutionsgesetz“ 230 folgend – als Weiterentwicklung <strong>und</strong><br />
Konsequenz der <strong>Klangzentren</strong>-Technik Skrjabins bewertet werden: 231<br />
Die Gr<strong>und</strong>gestalt bildet [in der Dodekaphonie] die Basis für die Konstruktion der ganzen<br />
Komposition, sowohl ihrer melodischen Motive <strong>und</strong> Themen, als auch ihrer Zusammenklänge.<br />
Sie ist […] ihr Beziehungszentrum analog dem Tonika-Akkord in der tonalen Harmonik. 232 […]<br />
Beide Systeme [die <strong>Klangzentren</strong>harmonik Skrjabins <strong>und</strong> die Dodekaphonie] haben also als gemeinsame<br />
Eigenschaft das Vorhandensein eines bestimmten Zentrums, welches das ganze Tonmaterial<br />
umfaßt <strong>und</strong> seine eigene spezifische Struktur besitzt. 233<br />
Lissa stellt dabei die <strong>Klangzentren</strong> der Dodekaphonie <strong>und</strong> der <strong>Klangzentren</strong>-Technik<br />
Skrjabins der dur-moll-tonalen Tonika gegenüber. Als Unterschiede zwischen der<br />
tonalen Harmonik <strong>und</strong> diesen beiden Techniken führt sie die folgenden an:<br />
a) die tonale Harmonik stützt sich auf die Tonika, als Beziehungszentrum, welches in seiner<br />
Struktur (der Terzenaufbau) für alle tonalen Kompositionen gleich blieb <strong>und</strong> welches nur einen<br />
Teil des Tonmaterials zum Ausdruck brachte; die Klangzentrum- <strong>und</strong> Zwölftontechnik nehmen<br />
aber als Beziehungszentrum eine bestimmte Form, eine vertikale oder horizontale Gestaltung des<br />
ganzen Tonmaterials an […]; b) […] Die tonale Harmonik scheidet einzelne Komplexe von<br />
Tonartelementen aus […]. Die beiden Systeme jedoch, […] beziehen alle Teilstrukturen der<br />
musikalischen Konstruktion auf das Zentrum als Urform. 234<br />
Die Vorstellung, dass die <strong>Klangzentren</strong>harmonik Skrjabins eine Vorform der Zwölftontechnik<br />
sei, wurde von mehreren Autoren in weiterer Folge aufgegriffen. Elmar Budde<br />
schrieb 1971, dass „die Technik des Klangzentrums […] allgemein als Vorform der<br />
Zwölftontechnik beschrieben“ 235 wird <strong>und</strong> bezieht sich dabei direkt auf Lissa.<br />
Allerdings wurde diese Sichtweise auch kritisiert; Gottfried Eberle meint, dass Lissa<br />
„die Unterschiede [zwischen Skrjabins <strong>Klangzentren</strong>harmonik <strong>und</strong> der Dodekaphonie]<br />
[…] zwar zum Teil durchaus sieht, aber unterbewertet, vielleicht aus der Genugtuung<br />
heraus, eine Vorform der Dodekaphonie entdeckt zu haben.“ 236<br />
230<br />
Ebda., S. 16.<br />
231<br />
Vgl. ebda., S. 15-20.<br />
232<br />
Ebda., S. 17.<br />
233<br />
Ebda., S. 20.<br />
234<br />
Ebda., S. 20f.<br />
235<br />
Elmar Budde, Anton Weberns Lieder op. 3. Untersuchungen zur frühen Atonalität bei Webern,<br />
Wiesbaden: Steiner 1971, S. 68.<br />
236<br />
Eberle, Studien zur Harmonik Alexander Skrjabins, S. 52.<br />
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