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Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...

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spielung von a-Moll ohne Terz angesehen werden <strong>und</strong> die erste Phrase würde in Takt 3<br />

auf der Dominante von a-Moll – E 7 – schließen. Gegen diese Interpretation spricht<br />

allerdings, dass in a-Moll während des gesamten Vorspiels kein einziges Mal kadenziert<br />

wird. A-Dur kommt in der Einleitung zwar vor, jedoch erst in Takt 24 <strong>und</strong> dort nur für<br />

die kurze Dauer einer punktierten Viertel innerhalb eines harmonischen Kontexts, der<br />

eher E-Dur vermuten lässt. Der Hörer wird zu diesem Zeitpunkt den A-Dur-Dreiklang<br />

wohl kaum mehr mit dem E-Dur-Septakkord aus Takt 4 (bzw. T. 16) in Verbindung<br />

bringen. Dennoch ist es wahrscheinlich, dass der geschulte Hörer, der die romantische<br />

Musik vor dem Tristan gut kennt, nach den ersten vier Takten zunächst einmal von der<br />

Tonika a-Moll ausgeht. Dies ändert sich jedoch schlagartig in den Takten 5-7, mit der<br />

leicht veränderten realen Sequenz der ersten drei Takte um eine kleine Terz höher.<br />

Würde man der vorherigen Argumentation weiter folgen, dann müsste man Takt 7 als<br />

Dominante nach C hören. Auf C-Dur würde die Nähe zur vorangegangenen Tonart a-<br />

Moll hindeuten, c-Moll könnte dagegen wegen des Tons Gis/As der Takte 5-6 nahe<br />

liegen. In den Takten 8-11 wird die erste Phrase ein drittes Mal (diesmal stärker abgeändert)<br />

variiert. Takt 10 könnte man aus Sicht von C-Dur als einen Vorhalt zu einem<br />

übermäßigen Dreiklang auf C deuten (Abbildung 41), der in Takt 11 zu einem Dominantseptakkord<br />

auf H weitergeführt wird. Damit wäre die Tonika der Takte 10-11 E-<br />

Dur oder e-Moll.<br />

A5+<br />

) R -:<br />

-:<br />

-:<br />

-:<br />

- -)<br />

* - - E§<br />

Abbildung 41: Tristan-Vorspiel, T. 10, gedeutet als Tonika mit übermäßiger Quint.<br />

Der einzige Zentralklang, der aus Sicht der Funktionstheorie in diesen ersten Takten<br />

wenigstens annähernd bestätigt wurde, ist C-Dur. Dafür spricht einerseits die Nähe zum<br />

anfänglichen a-Moll, andererseits die Quasi-Auflösung in einen übermäßigen Dreiklang<br />

de la Motte, Harmonielehre [1976], München: Deutscher Taschenbuch Verlag / Bärenreiter 9 1995, S.<br />

225-228.<br />

90

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