Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...
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Quintzug (Abbildung 12 Mitte) oder Oktavzug (Abbildung 12 rechts) bestehen.<br />
Zwischen dem „Vordergr<strong>und</strong>“ – der den eigentlichen Notentext bezeichnet – <strong>und</strong> dem<br />
„Hintergr<strong>und</strong>“ ist laut Schenker auch noch ein „Mittelgr<strong>und</strong>“ vorhanden, der als strukturelle<br />
Schicht zwischen Hinter- <strong>und</strong> Vordergr<strong>und</strong> vermittelt. Den Begriff „<strong>Tonalität</strong>“<br />
wendet Schenker nur auf den Vordergr<strong>und</strong> an <strong>und</strong> versteht darunter im Prinzip alles,<br />
was das musikalische Kunstwerk seiner Ansicht nach ausmacht:<br />
Nenne ich den Inhalt der […] Urlinie Diatonie […], so zeigt der Vordergr<strong>und</strong> die <strong>Tonalität</strong> als<br />
Summe aller Erscheinungen von den niedersten bis zu den umfassendsten, bis zu den scheinbaren<br />
Tonarten <strong>und</strong> Formen. 152<br />
Abbildung 12: Schenkers Ursatz-Varianten; Terzzug (links), Quintzug (Mitte), Oktavzug<br />
(rechts). 153<br />
Die Zentrierung der Melodik <strong>und</strong> Harmonik zugunsten eines Zentralklangs ist bei<br />
Schenker in besonderer Weise ausgeprägt. Über die Bewegung der Oberstimme schreibt<br />
Schenker: „Das Ziel, der Weg ist das Erste, in zweiter Reihe erst kommt der Inhalt.“ 154<br />
Zusätzlich zu dem „Ziel“ der Linienführung beziehen sich alle musikalischen Ereignisse<br />
auf einen einzelnen Gr<strong>und</strong>ton:<br />
Innerhalb der Oktave ergab sich […] eine Gesamtbezogenheit des Satzes nur auf den einen<br />
Gr<strong>und</strong>ton, den Gr<strong>und</strong>ton des Klanges. Die so für die Oberstimme, die Urlinie erzielte Tonfolge<br />
stellt die Diatonie vor […].<br />
Die gleiche Bezogenheit auf einen Gr<strong>und</strong>ton herrscht auch im Vordergr<strong>und</strong>: ist doch alle<br />
Vordergr<strong>und</strong>-Diminution, einschließlich der scheinbaren Tonarten aus den Stimmführungsverwandlungen,<br />
zuletzt eben aus der Diatonie im Hintergr<strong>und</strong> erflossen. 155<br />
Schenkers Begriff der „Tonart“ ist vergleichbar mit Riemanns hierarchischem <strong>Tonalität</strong>sbegriff,<br />
in dem <strong>Tonalität</strong> als übergeordnete Tonart gedacht wird:<br />
152 Ebda., S. 17.<br />
153 Heinrich Schenker, Der freie Satz. Anhang: Figurentafeln (Neue musikalische Theorien <strong>und</strong> Phantasien<br />
Bd. 3), Wien: Universal Edition 1956, S. 1f.<br />
154 Heinrich Schenker, Der freie Satz, S. 18.<br />
155 Ebda., S. 31f.<br />
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