Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...
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2.2 Richard Wagner: Einleitung zu Tristan <strong>und</strong> Isolde<br />
Das Loslösen von der Tonika als harmonisches Klangzentrum fand seinen ersten Höhepunkt<br />
in der viel diskutierten Einleitung (bzw. dem „Vorspiel“) zu Richard Wagners<br />
Tristan <strong>und</strong> Isolde. Der so genannte „Tristan-Akkord“ – der dem Tonvorrat eines<br />
„halbverminderten Septakkords“ 265 entspricht – wurde im Laufe der Musikgeschichte<br />
unterschiedlichsten Deutungen unterzogen, nicht zuletzt mit dem Wunsch ihn einem<br />
vorgegebenen Theoriemodell gefügsam zu machen. Ich werde mich in der vorliegenden<br />
Analyse weniger dem Wesen des Tristan-Akkords widmen, sondern vielmehr den<br />
unterschiedlichen <strong>Klangzentren</strong>, die in der Tristan-Einleitung eine Rolle spielen.<br />
Abbildung 40: Wagner, Tristan-Vorspiel, T. 1-11.<br />
Es ist durchaus möglich in den ersten vier Takten des Tristan (Abbildung 40) a-Moll als<br />
zugr<strong>und</strong>e liegenden Zentralklang anzunehmen, was der am häufigsten anzutreffenden<br />
harmonischen Deutung entspricht. 266 Die ersten drei Töne könnten dann als eine Um-<br />
265 Ich werde in der vorliegenden Analyse darauf verzichten den Akkordtyp des Tristan-Akkords gemäß<br />
einer der vielen Deutungsmöglichkeiten als z.B. „Unterseptimenakkord“ (Martin Vogel, Der Tristan-<br />
Akkord <strong>und</strong> die Krise der modernen Harmonielehre, Düsseldorf: Gesellschaft zur Förderung der<br />
systematischen Musikwissenschaft 1962, S. 140) oder „Doppelleittonklang“ (Erpf, Studien zur<br />
Harmonie- <strong>und</strong> Klangtechnik, S. 51 u. S. 162) , zu bezeichnen. Jegliche Akkordbezeichnungen sind in<br />
weiterer Folge als eine Bezeichnung des abstrakten Tonvorrats im Sinne eines pitch sets zu verstehen<br />
<strong>und</strong> werden jeweils nach dem Gr<strong>und</strong>ton der Terzenschichtung oder, bei äquidistanten Klängen, nach<br />
dem Basston benannt; enharmonische Verwechslungen werden für die Benennung des Tonvorrates<br />
ignoriert. Der Autor geht davon aus, dass der Leser anhand des Notentextes versteht um welche konkreten<br />
Klänge es sich während der Diskussion handelt.<br />
266 Vgl. unter anderem: Vogel, Der Tristan-Akkord, S. 140; Erpf, Studien zur Harmonie- <strong>und</strong> Klangtechnik,<br />
S. 51 u. S. 162; Ernst Kurth, Romantische Harmonik <strong>und</strong> ihre Krise in Wagners „Tristan“,<br />
Berlin: Max Hessels 1920, S. 44. Für weiterer Interpretationen des Tristan-Akkords vgl. auch Diether<br />
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