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Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...

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Orchester Pelleas <strong>und</strong> Melisande op. 5 (1902–1903) wurden Ganzton- <strong>und</strong> Quartenakkorde<br />

von Schönberg zum ersten Mal konsequent eingesetzt. 285 In seiner Harmonielehre<br />

stellt er eine Passage aus Pelleas <strong>und</strong> Melisande als Beispiel für Ganztonharmonik<br />

vor. 286 Durch die chromatische Gegenbewegung der Stimmen eines übermäßigen<br />

Dreiklangs entsteht auf jeder zweiten Viertel ein Ganztonakkord. Diese Technik ist in<br />

gewissem Sinne das Gegenteil von Richard Cohns „maximally smooth cycles“, da<br />

keiner der Akkorde einen gemeinsamen Akkordton besitzt. Es handelt sich also um<br />

einen „maximally rough cycle“, der auf jeder Viertel den gesamten Tonvorrat einer der<br />

beiden Ganztonskalen erklingen lässt. Die Ganztonskala bestimmt den Gesamtklang<br />

diese Stelle in einer Weise, dass sie selbst die Funktion eines Klangzentrums einnimmt.<br />

Abbildung 73: Schönberg, Pelleas <strong>und</strong> Melisande op. 5, 3 Takte vor Ziffer 32. 287<br />

Schönbergs erste Schaffensperiode kulminierte in der Kammersymphonie op. 9. Es ist<br />

bekannt, dass Quarten- <strong>und</strong> Ganztonakkorde in diesem Werk eine wesentliche Rolle<br />

einnehmen <strong>und</strong> dabei den dur-moll-tonalen Kontext immer wieder in Frage stellen. In<br />

der Kammersymphonie folgt Schönberg mit einer Sonatensatzform 288 einem klaren durmoll-tonalen<br />

Formschema <strong>und</strong> setzt diesem formale Abschnitte gegenüber, deren<br />

<strong>Klangzentren</strong> auf Quarten- <strong>und</strong> Ganzton-Harmonik basieren. Dieses Prinzip stellt<br />

Schönberg bereits in den einleitenden Takten (Abbildung 74) der Kammersymphonie<br />

vor <strong>und</strong> es bestimmt von da an die gesamte harmonische Syntax. Zuerst wird in den<br />

Takten 1-2 ein Quartenakkord gesetzt, der in Takt 3 in einen unvollständigen Ganztonakkord<br />

weitergeführt wird. In Takt 4 löst sich dieser in einen F-Dur-Dreiklang auf (aus<br />

Sicht von E-Dur die Tonart des neapolitanischen Sextakkords).<br />

285<br />

Vgl. Dale, Schoenbergs Chamber Symphonies, S. 8.<br />

286<br />

Vgl. Schönberg, Harmonielehre, S. 470.<br />

287<br />

Ebda.<br />

288<br />

Vgl. Claus-Steffen Mahnkopf, Gestalt <strong>und</strong> Stil. Schönbergs Kammersymphonie <strong>und</strong> ihr Umfeld,<br />

Kassel: Bärenreiter 1994, S. 35-46.<br />

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