Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...
Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...
Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
stammen der mit dem verminderten Septakkord eng verwandten Ganzton-Halbton-<br />
Skala auf E. Wie zuvor der g-Moll-Septakkord, werden in diesen Takten die Dominantseptakkorde<br />
auf C <strong>und</strong> Es (enharmonisch umgedeutet) in den verminderten Septakkord<br />
aufgelöst. Dies wird auch durch die Notation der Vorzeichen in Takt 24 (Dis – E in der<br />
Oberstimme) deutlich. Auch im weiteren Verlauf der Variation bleibt ein eindeutiger<br />
Tonartbezug aus, bis sich die Harmonik schließlich im letzten Takt nach C-Dur auflöst.<br />
Mit der tragenden Rolle des verminderten Septakkordes nimmt Beethoven in dieser<br />
Variation viele harmonische Neuerungen der Hochromantik vorweg, wie später nach<br />
am Beispiel von Richard Wagners Parsifal zu sehen sein wird.<br />
Besonders auffällig ist die Ambivalenz des Klangzentrums insbesondere auch in den<br />
späten Klavierstücken von Franz Liszt. Bereits in Funérailles (1849) hatte Liszt die<br />
beiden <strong>Klangzentren</strong> f-Moll <strong>und</strong> E-Dur fast gleichberechtigt nebeneinander verwendet<br />
<strong>und</strong> dabei die gemeinsame Terz der beiden Akkorde als Bindeglied genutzt. 262 Bei La<br />
lugubre gondola I (1882) stellt Liszt anstelle der Tonika sogar eine bitonale Mischung<br />
zwischen E-Dur <strong>und</strong> f-Moll. Das erste Intervall der Melodiestimme von La lugubre<br />
gondola I deutet f-Moll an, bei den Takten 6-10 handelt es sich jedoch um einen Ausschnitt<br />
aus der E-Dur-Tonleiter. Zusammengehalten wird die Melodie durch einen<br />
übermäßigen Dreiklang auf E, der mit den beiden Akkorden E-Dur <strong>und</strong> f-Moll jeweils<br />
zwei gemeinsame Töne enthält (Abbildung 39). 263 In Unstern! sinistre, disastro (nach<br />
1881), in der Liszt verwandte Techniken anwendet, geht er sogar so weit, dass die Töne<br />
von E-Dur <strong>und</strong> f-Moll zu einem einzigen Klanggemisch vereint werden. 264<br />
262 Vgl. Kleinrath, Kompositionstechniken, S. 46-67.<br />
263 Ebda., S. 21f.<br />
264 Ebda., S. 30.<br />
86