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Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...

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SCHLUSSWORT<br />

<strong>Tonalität</strong> – oder vielmehr jene Eigenschaft, die wir mit diesem Begriff assoziieren – ist<br />

ein komplexer <strong>und</strong> vielschichtiger Gedankenkomplex, der sich auf allen musikalischen<br />

Parametern entfaltet. Die Vorstellung eine „allgemein gültige Norm des Begriffs<br />

<strong>Tonalität</strong> festsetzten zu wollen“ wäre utopisch. Viele Aspekte, die den <strong>Tonalität</strong>sbegriff<br />

begleiten, wie z.B. die Bedeutung metrischer <strong>und</strong> rhythmischer Strukturen, die Instrumentationstechnik<br />

oder auch die Interpretation, mussten in der vorliegenden Arbeit<br />

weitgehend unberücksichtigt blieben, zeugen jedoch von dem Beziehungsreichtum, der<br />

den Begriff begleiten kann. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass bestimmte Konstanten<br />

für einen sinnhaften <strong>Tonalität</strong>sbegriff notwendig sind, da der Begriff sonst zu einer<br />

Beliebigkeit tendieren würde, die seiner Bedeutung nicht gerecht wird. Ohne eine<br />

differenzierte Zentrierung auf ein oder mehrere <strong>Klangzentren</strong>, welche den Klängen eine<br />

relative Bedeutsamkeit <strong>und</strong> einzigartige Funktion im harmonischen Verlauf zugesteht,<br />

wird nicht nur der Begriff <strong>Tonalität</strong> bedeutungslos, sondern auch der Begriff des Klangzentrums<br />

selbst. Ein Klangzentrum kann für sich alleine nicht existieren; der Begriff<br />

„Zentrum“ beinhaltet zwangsläufig, dass andere Klänge vorhanden sein müssen die im<br />

Verhältnis zu diesem eine „geringere“ – oder vielmehr andere Bedeutung einnehmen.<br />

Es versteht sich von selbst, dass die Klänge dabei unterschiedliche Funktionen einnehmen<br />

<strong>und</strong> ihre relative Bedeutung deshalb immer abhängig vom konkreten musikalischen<br />

Kontext neu hinterfragt werden muss. Streng genommen existiert zu keinem<br />

Zeitpunkt ein einzelner Zentralklang, auf den sich alle anderen Klänge beziehen.<br />

Stattdessen bestehen mehrere potenzielle Zentralklänge, deren relative Bedeutung<br />

ständig von anderen Klängen in Frage gestellt wird. Abhängig von der harmonischen<br />

Syntax entscheidet sich immer wieder aufs Neue, welche Klänge wir als zentral wahrnehmen<br />

bzw. welche Bedeutung wir ihnen beimessen. Auch die Stimmführung der<br />

Akkordverbindungen darf in diesem Zusammenhang nicht vernachlässigt werden.<br />

Stimmführung <strong>und</strong> Zentrierung gehen in der Dur-Moll-<strong>Tonalität</strong> Hand in Hand <strong>und</strong><br />

bedingen sich gegenseitig: Die zunehmende chromatische Stimmführung in der zweiten<br />

Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts führte zu Zusammenklängen, welche die dur-moll-tonale<br />

Syntax streckenweise außer Kraft setzte. Umgekehrt führte die zunehmende Zentrierung<br />

auf symmetrische Akkorde sowie auf Harmoniefolgen in großen <strong>und</strong> kleinen Terzen zu<br />

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