Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...
Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...
Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
auf C in Takt 10. C-Dur wird als Zentralklang in den folgenden Takten (T. 17-20) sogar<br />
bestätigt <strong>und</strong> in ganz traditionellen harmonischen Wendungen vier Takte lang ausgekostet.<br />
Außerdem wird zum Schluss der Einleitung die Anfangsphrase mit einem<br />
Orgelpunkt auf G in die Tonart c-Moll umgedeutet (Abbildung 42, T. 100-106), auf<br />
deren Dominante das Tristan-Vorspiel schließlich endet.<br />
Abbildung 42: Wagner, Tristan-Vorspiel, T. 100-111.<br />
Unsere Wahrnehmung scheint dieser Interpretation jedoch nicht exakt zu folgen. Zwar<br />
ist es denkbar den 3. Takt als Dominante in a-Moll zu hören, ob man jedoch tatsächlich<br />
in den folgenden Takten mit jedem neuen Dominantseptakkord einen Wechsel des<br />
Zentrums nach C <strong>und</strong> schließlich nach E wahrnimmt, obwohl weder a-Moll noch C-Dur<br />
eindeutig bestätigt wurde, ist zu bezweifeln. Spätestens nach dem 7. Takt hat sich<br />
unsere Wahrnehmung darauf eingestellt, dass ihre Erwartung bislang nicht erfüllt<br />
wurde. Außerdem nehmen die Dominantseptakkorde E 7 , G 7 <strong>und</strong> H 7 in diesem harmonischen<br />
Umfeld einen sehr stabilen Platz ein, der gar keiner zwingenden Auflösung<br />
bedarf. Dieser Effekt entsteht dadurch, dass die Dominantseptakkorde hier, im Verhältnis<br />
zu dem Tristan-Akkord, die „konsonanteren“ Klänge darstellen. Diese in sich<br />
ruhende Dominantwirkung wird auch noch durch die Auflösung der übermäßigen Quart<br />
(Ais) in die Quint (H) des Zielakkords verstärkt. Dies ist durchaus vergleichbar mit der<br />
Auflösung des G-Moll-Septakkords in den Quintsextakkord auf Gis in Beethovens<br />
„Diabelli“-Variation Nr. 20 (vgl. Abbildung 38). Ernst Kurth schreibt über die besagte<br />
Stelle der Tristan-Einleitung:<br />
91