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Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...

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einer vorwiegend chromatischen Stimmführung wie beispielsweise den „maximally<br />

smooth cycles“ Richard Cohns.<br />

Unter diesen Gesichtspunkten ist es notwendig, das Wesen des Zentralklangs dur-molltonaler<br />

Musik neu zu bewerten. Der Zentralklang ist ein Klang, der sich durch seine<br />

direkten Beziehungen zu anderen Klängen, seine formbildende Wirkung oder allgemein<br />

seine harmonische Funktion in besonderer Weise auszeichnet. Dabei ist festzuhalten,<br />

dass der Akkordtyp des Zentralklangs sich nicht alleine auf Dur- <strong>und</strong> Molldreiklänge<br />

einschränken lässt, sondern auch andere Formen annehmen kann. Wir können zwischen<br />

örtlichen <strong>Klangzentren</strong>, die sich durch die unmittelbare Stimmführung der Akkordfolgen<br />

ergeben, <strong>und</strong> übergeordneten <strong>Klangzentren</strong>, die als entfernte Bezugspunkte eine<br />

Bedeutung einnehmen, unterscheiden. Allerdings können, abhängig vom Untersuchungsgegenstand,<br />

durchaus unterschiedliche Klangbeziehungen <strong>und</strong> <strong>Klangzentren</strong> in<br />

einem Werk wirksam sein. Wenn wir die Kompositionstechnik untersuchen, wäre es<br />

denkbar auch ein „ideelles“ Klangzentrum anzunehmen: zum Beispiel einen Klang, der<br />

als kompositorischer Ausgangspunkt alle weiteren Klänge generiert, jedoch selbst gar<br />

nicht zum Einsatz kommt. Ob dieser Klang auch als Klangzentrum wahrgenommen<br />

wird, ist in diesem Zusammenhang aus kompositionstechnischer Sicht irrelevant. Aus<br />

hörpsychologischer Sicht sind dagegen nur jene <strong>Klangzentren</strong> von Interesse, die auch<br />

tatsächlich als solche wahrgenommen werden; „wahrgenommen“ im eigentlichen Sinn<br />

des Wortes: nämlich etwas als wahr bzw. real annehmen. Auch in diesem Fall muss das<br />

Klangzentrum nicht unbedingt als reales akustisches Ereignis existieren, sondern<br />

lediglich in der Vorstellung des Rezipienten.<br />

Nachdem ein Klang als Singularität kein Klangzentrum darstellt, sondern erst durch das<br />

Vorhandensein anderer Akkorde als solches erkannt wird, ist zu keinem Zeitpunkt nur<br />

ein einzelnes Klangzentrum von Bedeutung. Eine Tonika muss zumindest durch das<br />

Vorhandensein der Dominante bestätigt werden, womit automatisch auch die Dominante<br />

als potenzielles Klangzentrum an Bedeutung gewinnt. So entsteht eine Hierarchie<br />

von Klängen, die abhängig von der harmonischen Syntax unterschiedliche <strong>Klangzentren</strong><br />

in unterschiedlicher Weise akzentuiert. Diese Hierarchie kann im einfachsten Fall eine<br />

Form annehmen, wie sie zum Beispiel von Moritz Hauptmann postuliert wurde: die<br />

Tonika steht im Zentrum, während die Dominant- <strong>und</strong> Subdominantregionen lediglich<br />

als untergeordnete <strong>Klangzentren</strong> die Tonikaregion bestätigen. Chromatische Stimm-<br />

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