Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...
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dere auch durch die zunehmende Abneigung zeitgenössischer Komponisten gegenüber<br />
dem Begriff <strong>Tonalität</strong> nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gefördert. Die Polarisierung<br />
während der Nachkriegszeit in Komponisten, die tonale Elemente in ihren<br />
Kompositionen nutzten, <strong>und</strong> solche, die sich ihnen verweigerten, war nicht zuletzt auch<br />
von der Rhetorik Schönbergs im Zusammenhang mit <strong>Tonalität</strong> <strong>und</strong> neuer Musik geprägt.<br />
Ein weiterer Gr<strong>und</strong> für die zunehmende Abneigung gegen <strong>Tonalität</strong> <strong>und</strong> der<br />
damit oft verb<strong>und</strong>enen Naturklangtheorie könnte damit zusammenhängen, dass eine von<br />
der Naturklangtheorie abgeleitete europäische Dur-Moll-<strong>Tonalität</strong> leicht die Züge von<br />
nationalistischem <strong>und</strong> rassenspezifischem Gedankengut annehmen konnte. So fand man<br />
zum Beispiel in der Bibliothek Adolf Hitlers ein Exemplar des Buches Der Naturklang<br />
als Wurzel aller Harmonien: eine aesthetische <strong>Musiktheorie</strong> in zwei Teilen von Josef<br />
Achtélik. 180 In diesem Werk versucht Achtélik, unter anderem aufbauend auf den<br />
Thesen Riemanns 181 , die Naturklangtheorie als einzig wahre Gr<strong>und</strong>lage jedweder Musik<br />
darzustellen:<br />
Für uns, die wir alle Klangmöglichkeiten eines Naturklanges als <strong>Tonalität</strong> empfinden <strong>und</strong> damit<br />
nur der Weisung der Natur folgen, für uns ist auch die jetzige Epoche nur ein Entwicklungsübergang<br />
[...] 182<br />
Die Musik der Zweiten Wiener Schule um Arnold Schönberg lehnt Achtélik dagegen<br />
kategorisch ab:<br />
Schönberg <strong>und</strong> der kleine Kreis um ihn, zum großen Teil asiatischer Abstammung, erhoben die<br />
Dissonanz zum einzigen musikalischen Zusammenklang. [...]<br />
So kommt es denn, dass man diese Musik weder verstehen noch empfinden kann, daß man sie<br />
weder schön noch erhebend, weder wohltuhend noch begeisternd finden kann. Die Musik ist<br />
zum nichtssagenden, weil alles auf einmal sagenwollenden Tongeräusch erniedrigt worden. [...]<br />
Daß Gehörreizungen durch diese Klangballungen hervorgerufen werden, wird niemand bestreiten;<br />
aber Musik ist das nicht mehr. [...] impotente Versuche degenerierter Nerven nennen es die<br />
meisten. 183<br />
180 Vgl. Library of Congress: Third Reich Collection.<br />
181 Vgl. Josef Achtélik, Der Naturklang als Wurzel aller Harmonien: eine aesthetische <strong>Musiktheorie</strong><br />
(Band 2), Frankfurt: C.F. Kahnt 1922, S. 101ff.<br />
182 Ebda., S. 145.<br />
183 Ebda.<br />
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