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Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...

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einer gleichstufigen zwölftönigen Stimmung ausgeht). Die „Modulation“ von einem<br />

verminderten Septakkord in einen anderen kann also einfach durch eine harmonische<br />

Rückung des Zentralklangs um eine kleine Sek<strong>und</strong> geschehen. Diese Akkordketten aus<br />

verminderten Septakkorden sind seit dem Barock üblich <strong>und</strong> wurden auch von Franz<br />

Liszt gerne eingesetzt, wie beispielsweise im Klavierstück La lugubre gondola II. 272<br />

Dabei ist die traditionelle Variante das Verschieben eines verminderten Septakkords um<br />

eine kleine Sek<strong>und</strong> nach unten (aus funktionstheoretischer Sicht eine Dominantbeziehung<br />

273 ), aber auch das Verschieben um eine kleine Sek<strong>und</strong> nach oben ist durchaus<br />

üblich (vgl. z.B. J. S. Bachs Chromatische Fantasie <strong>und</strong> Fuge BWV 903, T. 34;<br />

Abbildung 58 weiter unten). Genau diese Art der harmonischen Rückung findet sich im<br />

Prinzip auch in den Takten 3-4 des hier behandelten Parsifal-Vorspiels, allerdings wird<br />

die harmonische Folge G°–Ges°–F° (D im Bass) durch die umgebenden Harmonien<br />

überdeckt. In diesen beiden Takten erklingt damit also auch der gesamte Tonvorrat der<br />

Zwölftonleiter.<br />

Eine weitere Eigenschaft des verminderten Septakkords die sich aus den bisherigen<br />

Eigenschaften ergibt ist, dass jeder Ton der restlichen Zwölftonskala als eine direkte<br />

Nebennote des verminderten Septakkords angesehen werden kann. Der verminderte<br />

Septakkord ist tatsächlich der einzige Akkord, bei dem jeder akkordfremde Ton der<br />

Zwölftonskala von einem Akkordton genau eine kleine Sek<strong>und</strong>e entfernt ist. Abbildung<br />

54 zeigt die verschiedenen Stufen des verminderten Septakkords auf C <strong>und</strong> verdeutlicht<br />

damit auch diesen Zusammenhang: Jede akkordfremde Stufe kann chromatisch in einen<br />

Akkordton weitergeleitet werden. Ich werde im Folgenden Stufenbezeichnungen bezogen<br />

auf den verminderten Septakkord gemäß Abbildung 54 benennen. Dabei bezeichnen<br />

die Stufen I, III, V <strong>und</strong> VII die Akkordtöne des verminderten Septakkords <strong>und</strong><br />

die Stufen II, IV, VI <strong>und</strong> VIII die akkordfremden Töne. Akkordfremde Töne werden<br />

immer mit einem Vorzeichen (Kreuz <strong>und</strong> B) versehen um ihre chromatische Nähe zu<br />

einem der Akkordtöne zu kennzeichnen.<br />

272 Vgl. Kleinrath, Kompositionstechniken, S. 11f.<br />

273 Der verminderte Septakkord entspricht dann einer Dominante ohne Gr<strong>und</strong>ton mit tiefalterierter None<br />

<strong>und</strong> Sept im Bass. Die Sept löst sich dabei um eine kleine Sek<strong>und</strong> nach unten in die Terz des nächsten<br />

Akkords auf, bei dem es sich wiederum um eine Dominante ohne Gr<strong>und</strong>ton <strong>und</strong> tiefalterierter None<br />

handelt, diesmal jedoch mit der Terz als Basston.<br />

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