Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...
Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...
Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1.4 Hauptmann – Helmholtz – Oettingen<br />
Moritz Hauptmann vertrat in seinem Buch Die Natur der Harmonik <strong>und</strong> der Metrik<br />
(1853) bereits ähnliche Ansichten wie Arrey von Dommer, allerdings ohne dabei direkt<br />
auf den Begriff <strong>Tonalität</strong> zu verweisen. Hauptmann war der Naturklangtheorie verb<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> führte in seinem Buch eine eigene Schreibweise ein, die zwischen Terzen<br />
<strong>und</strong> Quinten unterscheidet, um damit den Unterschied zwischen vier reinen Quinten <strong>und</strong><br />
einer reinen Terz hervorzuheben. Aus Sicht eines Dur-Dreiklangs bezeichnet Hauptmann<br />
Terzen mit Kleinbuchstaben, Gr<strong>und</strong>ton oder Quint dagegen mit Großbuchstaben<br />
(z.B. „e–G–C“ als erste Umkehrung von C-Dur). 105 Für ihn gab es drei unveränderliche,<br />
„direkt verständliche“ Intervalle: die Oktav, die Quint <strong>und</strong> die Terz. Die Oktav repräsentiert<br />
für Hauptmann „Identität“ <strong>und</strong> „Gleichheit“, die Quint „Zweiheit“ <strong>und</strong> „inneren<br />
Gegensatz“ <strong>und</strong> die Terz sieht er als „Gleichsetzung des Entgegengesetzten: der Zweiheit<br />
als Einheit“ an. 106<br />
Wenn die Oktave Ausdruck ist für Einheit, so spricht die Quint die Zweiheit oder Trennung aus,<br />
die Terz Einheit der Zweiheit oder Verbindung. Die Terz ist die Verbindung der Oktave <strong>und</strong><br />
Quint. 107<br />
In Hauptmanns Vorstellung von These, Antithese <strong>und</strong> Synthese spiegelt sich die Philosophie<br />
der Hegelschen Dialektik wider. Diese dialektische Denkweise durchdringt<br />
Hauptmanns Theorien auf allen musikalischen Ebenen: den Akkorden, den Akkordfortschreitungen,<br />
der Form <strong>und</strong> auch der Rhythmik <strong>und</strong> Metrik. 108 So verbinden sich die<br />
drei Momente Oktave, Terz <strong>und</strong> Quint im Dreiklang wiederum zum „gegliederten<br />
Ganzen“, zur „Einheit“. Als Gegensatz stehen dem Dreiklang der Tonika die Antithesen<br />
Dominante <strong>und</strong> Subdominante gegenüber, die in der Tonart als „Dreiklang höherer<br />
Ordnung“ wiederum mit der Tonika vereint werden. 109 Abbildung 8 zeigt ein Schema<br />
Hauptmanns, welches die dialektischen Beziehungen der Tonart darstellt. Die römischen<br />
Ziffern entsprechen dabei den Momenten Antithese (I–II) <strong>und</strong> Synthese (III).<br />
105<br />
Vgl. Moritz Hauptmann, Die Natur der Harmonik <strong>und</strong> der Metrik. Zur Theorie der Musik, Leipzig:<br />
Breitkopf u. Härtel 1853, S. 11.<br />
106<br />
Vgl. ebda., S. 21f.<br />
107<br />
Ebda., S. 22.<br />
108<br />
Vgl. ebda., S. 23.<br />
109<br />
Vgl. ebda., S. 27.<br />
27