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Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...

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auseinander setzen. Eine weitere Besonderheit, die Chorons Begriffsdefinition auszeichnet,<br />

ist, dass er bereits zwei weitere wichtige Aspekte erkennen lässt, die Untersuchungen<br />

zur <strong>Tonalität</strong> in weiterer Folge immer wieder begleiten. Einerseits impliziert<br />

er einen ethnologischen Ansatz, indem er die Tonleitersysteme verschiedener Völker in<br />

seine Definition mit einfließen lässt, andererseits verfolgt er einen historischen Ansatz<br />

23 , indem er versucht die Entstehung der „modernen <strong>Tonalität</strong>“ als eine Entwicklung<br />

von der „griechischen <strong>Tonalität</strong>“ über die Kirchentonarten zu Monteverdis „Dominantseptakkord“<br />

zu verstehen.<br />

Der erste Lexikonartikel Tonalité erscheint 1821 im Dictionnaire de musique moderne<br />

von Castil-Blaze. Dort wird der Geltungsbereich des Begriffs auf das Dur-Moll-System<br />

eingeschränkt <strong>und</strong> <strong>Tonalität</strong> als „Eigenart der musikalischen Tonart, die im Gebrauch<br />

ihrer wesentlichen Töne“ 24 besteht, beschrieben. Als „wesentliche Töne“ werden dabei<br />

die I., IV. <strong>und</strong> V. Stufe genannt. Auch Philippe de Geslin begrenzt 1826 tonalité auf das<br />

Dur-Moll-System. „Für ihn bedeutet tonalité das Bestreben, immer ‚den Gesang‘<br />

vorzugsweise auf ‚ein <strong>und</strong> demselben Ton eines Tonsystems‘ zu beenden, <strong>und</strong> zwar auf<br />

der Tonika einer Tonart.“ 25 Weitere Aspekte werden 1830 von Daniel Jelensperger<br />

formuliert. 26 Er versteht unter <strong>Tonalität</strong> den „‚Eindruck der Tonart‘; bei einer vollständigen<br />

Modulation werde eben die <strong>Tonalität</strong> der vorangehenden Tonart gänzlich ausgelöscht,<br />

weil man in die neue Tonart kadenziere.“ 27 Jelenspergers Ansatz die beiden<br />

Begriffe Modulation <strong>und</strong> Kadenz in einen direkten Zusammenhang mit der Dur-Moll-<br />

<strong>Tonalität</strong> zu bringen, ist dabei besonders auffällig <strong>und</strong> wurde später von mehreren<br />

Musiktheoretikern aufgegriffen. Als neues Motiv innerhalb der Begriffsgeschichte lässt<br />

sich durch Jelenspergers Beschreibung von <strong>Tonalität</strong> als „Eindruck der Tonart“ bereits<br />

erstmals ein hörpsychologischer Aspekt ausmachen. Darauf deutet auch seine Übertragung<br />

des Begriffs auf konsonante <strong>und</strong> dissonante Akkorde hin: „In diesem Zusammenhang<br />

sei mit <strong>Tonalität</strong> der Eindruck gemeint, den ein Akkord hervorrufe <strong>und</strong><br />

der es ermögliche, ihn auf diese oder jene Tonleiter zu beziehen.“ 28<br />

23 Volker Helbing meint sogar, dass „Choron ihn [den Begriff <strong>Tonalität</strong>] ausschließlich [verwendet], um<br />

(historische) Differenzen innerhalb der europäischen Musik zu benennen.“ Volker Helbing, <strong>Tonalität</strong><br />

in der französischen <strong>Musiktheorie</strong> zwischen Rameau <strong>und</strong> Fétis, in: <strong>Musiktheorie</strong> (Handbuch der<br />

Systematischen Musikwissenschaft Bd. 2), Laaber: Laaber 2005, S. 171-202, hier S. 171.<br />

24 François H. J. Castil-Blaze, Dictionnaire de musique moderne, zit. nach: Beiche, <strong>Tonalität</strong>, S. 3.<br />

25 Beiche, <strong>Tonalität</strong>, S. 3.<br />

26 Vgl. ebda.<br />

27 Ebda.<br />

28 Ebda.<br />

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