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Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...

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des Stücks. 218 Damit durchläuft das Klangzentrum dieses Werks gewissermaßen eine<br />

kontinuierliche Klangtransformation 219 , die zum Schluss wieder zu ihrem Ausgangspunkt<br />

zurückkehrt. Neben der Zentrierung auf einen Zentralklang ist in Farben<br />

demnach auch ein harmonischer Prozess vorhanden, der den „maximally smooth<br />

cycles“ von Richard Cohn (vgl. S. 51) sehr ähnlich ist. Im Sinne der Transformationstheorie<br />

könnte man auch argumentieren, dass der Klang in den ersten neun Takten der<br />

Reihe nach alle denkbaren Umkehrungs-Transformationen erfährt, die jeden Ton um<br />

eine kleine Sek<strong>und</strong>e nach oben bzw. nach unten transformieren. Eine sehr ähnliche<br />

Transformationstechnik konnte auch in manchen Klavierwerken Franz Liszts, wie<br />

beispielsweise R.W. Venezia (1883) nachgewiesen werden. Dort verwandelt sich der<br />

Zentralklang des übermäßigen Dreiklangs auf Cis in den ersten 24 Takten über b-Moll,<br />

D-Übermäßig <strong>und</strong> h-Moll in einen übermäßigen Dreiklang auf Dis. 220<br />

Abbildung 26: Harmonischer Verlauf der Takte 1-9 von Schönbergs Orchesterstück Farben op.<br />

16/3.<br />

Zofja Lissa übernimmt in den 1930er Jahren Erpfs Begriff des Klangzentrums <strong>und</strong><br />

wendet ihn auf die Musik Alexander Skrjabins an. 221 Insbesondere verwendet sie den<br />

Terminus um Skrjabins bekannten Prometheus-Akkord (Abbildung 27; auch „mystischer<br />

Akkord“ oder „synthetischer Akkord“) zu deuten, der in vielen Werken Skrjabins<br />

zweiter Schaffensperiode den Ausgangspunkt aller harmonischen <strong>und</strong> melodischen<br />

Ereignisse bildet:<br />

218<br />

Vgl. ebda. S. 143.<br />

219<br />

Christian Utz <strong>und</strong> Dieter Kleinrath wenden diesen Begriff auch auf Klangereignisse neuerer Musik an<br />

wie z.B. Iannis Xenakis’ Metastasis für Orchester (1953), in dem sich in den ersten 34 Takten ein<br />

einzelner Ton (G) durch Glissandieren in den geteilten Streichern in einen Cluster verwandelt. Das<br />

sukzessive Verändern eines Klangzentrums kann durchaus als eine Vorform metamorphosenartiger<br />

Klangprozesse angesehen werden, die in der Musik des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts immer wieder eine zentrale<br />

Rolle eingenommen haben (vgl. Christian Utz, Dieter Kleinrath, Klangorganisation. Zur Systematik<br />

<strong>und</strong> Analyse einer Morphologie <strong>und</strong> Syntax post-tonaler Kunstmusik, in: <strong>Musiktheorie</strong> <strong>und</strong> Improvisation.<br />

Bericht des IX. Kongresses der Gesellschaft für <strong>Musiktheorie</strong>, Mainz: Schott, in Vorbereitung.<br />

220<br />

Vgl. Kleinrath, Kompositionstechniken, S. 42-45.<br />

221<br />

Zofja Lissa, Geschichtliche Vorform der Zwölftontechnik, in: Acta Musicologica (Bd. 7/1), 1935, S.<br />

15-21.<br />

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