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Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...

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Beispiel die Dur-Moll-<strong>Tonalität</strong> im Sinne der Naturklangtheorie, so sind zumindest<br />

zwei Typen von Tonbeziehungen relevant. Einerseits die Beziehung der Töne untereinander<br />

aufgr<strong>und</strong> des Konsonanzprinzips, andererseits die Beziehung der Töne auf<br />

einen gemeinsamen Gr<strong>und</strong>ton oder -akkord, die Tonika. Wenn man den <strong>Tonalität</strong>sbegriff<br />

dagegen weiter fasst, ist die Voraussetzung ausreichend, dass die Töne des<br />

verwendeten Tonsystems in irgendeiner beliebigen Beziehung zu einander stehen. Unter<br />

diesem Gesichtspunkt ließe sich der Begriff wie gesagt durchaus auch auf Zwölftonmusik<br />

anwenden. Aber was ist das Kriterium dafür, dass sich die Töne einer Komposition<br />

auf einander beziehen? Nehmen wir einmal an, der Komponist selbst wäre dafür<br />

verantwortlich, den Tönen innerhalb seiner Komposition einen Bezugsrahmen zu geben.<br />

Dann wäre eine rein aleatorische Komposition eindeutig als Musik zu bezeichnen, die<br />

im Rezipienten kein „<strong>Tonalität</strong>sgefühl“ hervorruft, da die sich ergebenden Klänge als<br />

Zufallsprodukt des Kompositionsprozesses zu bewerten wären. Eine solche Aussage<br />

geht allerdings davon aus, dass die Kompositionstechnik des Komponisten direkten<br />

Einfluss auf die Wahrnehmung des Hörers hat, was selbstverständlich mehr als zweifelhaft<br />

ist. Ebenso wenig kann vorausgesetzt werden, dass im Umkehrschluss eine<br />

Komposition, in der die Akkorde während des Kompositionsprozesses eindeutig auf<br />

einander bezogen wurden, beim Hörer auch tatsächlich den Eindruck einer Bezogenheit<br />

der Klänge auslöst. Hier zeigt sich, dass wir den Begriff <strong>Tonalität</strong> kaum bewerten<br />

können, ohne dabei auch auf die subjektive Wahrnehmung <strong>und</strong> musikalische Sozialisierung<br />

des Rezipienten Rücksicht zu nehmen.<br />

Andererseits bestehen natürlich immer Tonbeziehungen sobald Töne in einem Musikstück<br />

vorhanden sind, unabhängig davon, ob wir diese Bezüge auch wahrnehmen oder,<br />

ob ein Komponist diese Bezüge als solche gedacht hat. Jeder Ton steht zu jedem<br />

anderen immer in einem bestimmten Verhältnis. Ein einzelner ausgehaltener Sinuston<br />

definiert sich sogar über eben dieses Verhältnis, da er in jedem Moment dem vorangegangenen<br />

gleicht. Im selben Ausmaß definiert sich „ein anderer Ton“ durch seine<br />

Beziehung zu dem Ton, von dem er sich unterscheidet. Hierin offenbart sich die Problematik<br />

einer <strong>Tonalität</strong>sdefinition als die einfache Bezogenheit der Töne oder Akkorde,<br />

basierend auf einer zugr<strong>und</strong>e liegenden Skala. Streng genommen ließe sich der Begriff<br />

<strong>Tonalität</strong> dann auf jede Tonbeziehung anwenden – sogar auf den Sinuston selbst – <strong>und</strong><br />

würde zu einem beliebigen, tautologischen Begriff verkommen. Dahlhaus stellt treffend<br />

fest:<br />

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