Klangzentren und Tonalität - Musiktheorie / Musikanalyse ...
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Abbildung 29a zeigt die nach C transponierte Skala des Prometheus-Akkords. Skrjabins<br />
Aufzeichnungen legen jedoch nahe, dass die ursprüngliche Skala die in Abbildung 29b<br />
dargestellte mixolydische Skala mit erhöhter Quart war. Er notierte in einer Skizze den<br />
zusätzlichen Ton G dieser Skala, der zwar im Prometheus eine unbedeutende Rolle<br />
einnimmt, jedoch im zur selben Zeit entstandenen Poème op. 59 sowie in späteren<br />
Werken von Bedeutung ist. 225 Zsolt Gárdonyi bezeichnet diese Skala, gemeinsam mit<br />
anderen Theoretikern der Bartók-Forschung, auch als „akustische Skala“ 226 <strong>und</strong> die von<br />
ihr ausgehende <strong>Tonalität</strong> als „akustische <strong>Tonalität</strong>“. Dabei weist Gárdonyi auf Béla<br />
Bartóks häufige Verwendung dieser Skala hin wie beispielsweise in der Sonate für zwei<br />
Klaviere <strong>und</strong> Schlagzeug oder in Melodie mit Begleitung im zweiten Heft des Mikro-<br />
kosmos. 227<br />
Abbildung 29: a) Die Skala des Prometheus-Akkords, b) die mixolydische Skala mit erhöhter<br />
Quart.<br />
In der erwähnten Skizze bildet Skrjabin auf jedem Ton der Skala siebenstimmige<br />
Akkorde in Quarten- <strong>und</strong> Terzenschichtung (Abbildung 30). Das Auflisten dieser<br />
Klänge zeigt, wie sehr die dur-moll-tonalen Bezüge in Skrjabins Denkweise noch<br />
vorhanden waren. Zofja Lissa weist auch darauf hin, dass die Wurzeln des Prometheus-<br />
Akkords in der Dominante der Dur-Moll-<strong>Tonalität</strong> liegen. 228 So gesehen könnte der<br />
Prometheus-Akkord auf C beispielsweise als eine Alteration der Dominanten C 7 , Fis 7<br />
oder D 7 angesehen werden, von denen er jeweils Gr<strong>und</strong>ton, Terz <strong>und</strong> kleine Sept enthält<br />
(Abbildung 31). Von diesen drei Klängen wird vor allem die Variante auf C (ein Domi-<br />
225 Vgl. ebda., S. 63f.<br />
226 Die Bezeichnung „akustische Skala“ lehnt sich an die Teiltonreihe an, aus der die Skala einen<br />
Ausschnitt vom 8. bis zum 14. Teilton bildet.<br />
227 Vgl. Zsolt Gárdonyi, Akustische <strong>Tonalität</strong> <strong>und</strong> Distanzharmonik im Tonsatzunterricht, in: Harmonik<br />
im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert, Wien: Wiener Universitätsverlag 1993, S.46-61, hier S. 46f; sowie Zsolt<br />
Gárdonyi, Paralipomena zum Thema Liszt <strong>und</strong> Skrjabin, in: Virtuosität <strong>und</strong> Avandgarde, Untersuchungen<br />
zum Klavierwerk Franz Liszts, Mainz 1988, S. 11-14.<br />
228 Der Prometheus-Akkord kann aus einem übermäßigen Terzquartakkord mit hinzugefügter None <strong>und</strong><br />
Sexte abgeleitet werden. Die Dominante mit Sext-Vorlhalt bezeichnet Lissa auch als „Chopin-<br />
Akkord“ <strong>und</strong> weist damit auf eine wichtige Inspirationsquelle Skrjabins hin (vgl. Jörg-Peter Mittmann,<br />
Musikalische Selbstauslegung - eine sichere Quelle histori-scher <strong>Musiktheorie</strong>?, in: <strong>Musiktheorie</strong><br />
als interdisziplinäres Fach (musik.theorien der gegenwart 4), Saarbrücken: Pfau 2010, in Bearbeitung).<br />
Vgl. auch Eberle, Studien zur Harmonik Alexander Skrjabins, S. 49 sowie Zofja Lissa, Zur<br />
Genesis des Prometheischen Akkords bei Skrjabin, in: Musik des Ostens: Sammelbände für historische<br />
<strong>und</strong> vergleichende Forschung (Ostmittel-, Ost- <strong>und</strong> Südosteuropa) (Bd. 2), 1963.<br />
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