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ICONCLASH. Kollektive Bilder und Democratic Governance in Europa

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Glaube an die Wirklichkeit nicht reproduziert werden kann, ohne zugleich<br />

als Reproduktion dieses Glaubens beobachtet zu werden, greift die Kritik<br />

am Abbild immer schon zu kurz <strong>und</strong> muss durch e<strong>in</strong>e Art Metakritik ersetzt<br />

werden, welche das Paradox der gleichzeitigen Übertragung sowohl des<br />

Anlasses für Kritik erklären kann, als auch der Kritik selbst. In Luhmanns<br />

Worten: „Was wir über die Gesellschaft, ja über die Welt, <strong>in</strong> der wir leben,<br />

wissen, wissen wir durch die Massenmedien. (…) Andererseits wissen wir<br />

so viel über die Massenmedien, dass wir diesen Quellen nicht trauen<br />

können. Wir wehren uns mit e<strong>in</strong>em Manipulationsverdacht, der aber nicht<br />

zu nennenswerten Konsequenzen führt, da das den Massenmedien<br />

entnommene Wissen sich wie von selbst zu e<strong>in</strong>em selbstverstärkenden<br />

Gefüge zusammenschließt. Man wird alles Wissen mit dem Vorzeichen des<br />

Bezweifelbaren versehen – <strong>und</strong> trotzdem darauf aufbauen, daran<br />

anschließen müssen“ (Luhmann 1996:9f.). Was Luhmann hier als Effekt<br />

der funktionalen Differenzierung moderner Gesellschaften beschreibt,<br />

untergräbt nicht nur jeden philosophisch oder sonst wie begründeten<br />

Anspruch auf Universalismus, sondern berührt als epistemologische<br />

Voraussetzung, als „historisches Apriori“ im S<strong>in</strong>ne Michel Foucaults (vgl.<br />

Foucault 1981), auch die Anlage <strong>und</strong> das Selbstverständnis moderner<br />

Wissenschaft: Dass alles Wissen über die Welt durch Massenmedien<br />

vermittelt ist, gilt, wie Luhmann anmerkt, nämlich auch für jene<br />

Wissenschafter/<strong>in</strong>nen, die solches behaupten, d.h. für Soziologen/<strong>in</strong>nen,<br />

„die ihr Wissen nicht mehr im Herumschlendern <strong>und</strong> auch nicht mit bloßen<br />

Augen <strong>und</strong> Ohren gew<strong>in</strong>nen können. Gerade wenn sie die so genannten<br />

empirischen Methoden anwenden, wissen sie immer schon, was sie wissen<br />

<strong>und</strong> was sie nicht wissen – aus den Massenmedien“ (Luhmann 1996:9).<br />

Br<strong>in</strong>gt das System der Massenmedien demnach e<strong>in</strong>en Glauben hervor, der<br />

gerade als durchschauter unh<strong>in</strong>tergehbare Voraussetzung jeder möglichen<br />

Form des Wissens bleibt, wird man fragen müssen, welche Funktion denn<br />

die Massenmedien für die Gesellschaft erfüllen, dass diese – nach<br />

Luhmanns Worten – die durchgängige Ersetzung des Wahrheitskriteriums<br />

durch das e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>stitutionalisierten Selektion von Informationswerten zu<br />

akzeptieren bereit ist. Luhmanns Antwort auf diese Frage fällt relativ<br />

e<strong>in</strong>fach aus: Es gehört zur Funktion von Massenmedien, die<br />

Unwahrsche<strong>in</strong>lichkeit von Kommunikation zu reduzieren <strong>und</strong> dadurch die<br />

Bildung von sozialen Systemen, d.h. letztlich von Gesellschaft, zu<br />

ermöglichen. Luhmann begreift die gesellschaftliche Kommunikation nicht<br />

als Phänomen, das als naturwüchsig oder historisch gegeben anzusehen<br />

ist, sondern als Problem, das von jeder Gesellschaft um Willen ihres<br />

Se<strong>in</strong>könnens immer wieder von neuem gelöst werden muss. Für die <strong>in</strong><br />

dieser Theorie als Problem gewissermaßen „contra-phänomenologisch“<br />

vorausgesetzte Unwahrsche<strong>in</strong>lichkeit der Kommunikation (die nicht zuletzt<br />

durch Massenmedien unsichtbar gemacht wird) führt Luhmann drei Gründe<br />

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