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ICONCLASH. Kollektive Bilder und Democratic Governance in Europa

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2004:90). Nun setzt diese Globalisierung des Handels e<strong>in</strong>e andere Art von<br />

Kalkül als jenes monetaristische voraus, das noch die merkantilistische<br />

Politik bestimmt hatte: Betrachtete diese die Wirtschaft als e<strong>in</strong><br />

Nullsummenspiel, <strong>in</strong> dem der Reichtum e<strong>in</strong>es Staates vom Reichtum der<br />

anderen Staaten abgezogen werden musste, geht der Liberalismus unter<br />

der Prämisse der Unbegrenztheit des Marktes davon aus, dass der<br />

„natürliche“, d.h. nach den Gesetzen des Marktes berechnete Preis sowohl<br />

dem Verkäufer, als auch dem Käufer nützt. „Das rechtmäßige Spiel der<br />

natürlichen Konkurrenz, d.h. der Konkurrenz im Zustand der Freiheit, (…)<br />

setzt e<strong>in</strong>en Mechanismus der gegenseitigen Bereicherung <strong>in</strong> Gang“<br />

(Foucault 2004:84). Berücksichtigt man e<strong>in</strong>en solchen Mechanismus<br />

gegenseitiger Bereicherung, wird rasch deutlich, warum es gerade die<br />

Natur war, welche bei Kant den ewigen Frieden garantieren sollte: Sofern<br />

die Gesetze des Marktes diesem nicht diktiert werden können, sondern der<br />

Markt im Gegenteil ebenso nach e<strong>in</strong>er Veridiktion verlangt, welche die<br />

konkreten Mechanismen <strong>und</strong> Prozesse zu e<strong>in</strong>em gegebenen Zeitpunkt<br />

möglichst vollständig beschreibt, wie nach e<strong>in</strong>em Nützlichkeitskalkül, das<br />

die Folgen jeder staatlichen Intervention im Voraus berechnet, ist der Markt<br />

tatsächlich jene Natur, welche „durch die Zwietracht der Menschen<br />

E<strong>in</strong>tracht“ auch gegen deren ausdrückliche Zustimmung emporkommen<br />

lässt. (Im Anschluss an Michel Foucault, soviel sei hier vorweggenommen,<br />

wird Jürgen L<strong>in</strong>k diese über den Markt vermittelte Form der<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsbildung als „As-soziation durch Konkurrenz“ bezeichnen;<br />

vgl. L<strong>in</strong>k 1999).<br />

Im Zentrum dieser neuen, liberalen Form von Regierungsmentalität, die<br />

Foucault als „Räson e<strong>in</strong>es m<strong>in</strong>imalen Staates“ beschreibt, stehen jene<br />

Gebote des Marktes, die mit gleichsam naturgesetzlicher Gewalt den<br />

Menschen bestimmte Verpflichtungen auferlegen. Dies gilt auch <strong>in</strong><br />

außenpolitischer H<strong>in</strong>sicht: Auf jenen Bruch im politischen Denken der Zeit,<br />

den James Tully mit Bezug auf Kant festgestellt <strong>und</strong> als Überw<strong>in</strong>dung der<br />

imperialen Vorstellung von <strong>Europa</strong> als e<strong>in</strong>es Zentrums von Weltmächten<br />

beschrieben hatte, folgt <strong>in</strong> Begriffen der politischen Ökonomie e<strong>in</strong> Bruch mit<br />

der klassischen Vorstellung von <strong>Europa</strong> als e<strong>in</strong>es Gleichgewichts zwischen<br />

den Kräften: Wird dieses – ganz im S<strong>in</strong>n des monetaristischen Kalküls – so<br />

lange gewahrt, als es ke<strong>in</strong>em Staat gel<strong>in</strong>gt, über die anderen Staaten die<br />

Oberhand zu gew<strong>in</strong>nen, br<strong>in</strong>gt die Idee, dass die Bereicherung e<strong>in</strong>es<br />

Staats nur über die gegenseitige Bereicherung aller Staaten bewerkstelligt<br />

werden kann, e<strong>in</strong>e neue Vorstellung von <strong>Europa</strong> hervor, die zugleich die<br />

Schwelle des „Zeitalters e<strong>in</strong>er ökonomischen Geschichtlichkeit“ markiert:<br />

„Es handelt sich um e<strong>in</strong> <strong>Europa</strong> der kollektiven Bereicherung, e<strong>in</strong> <strong>Europa</strong><br />

als kollektives Wirtschaftssubjekt, das auf dem Weg des unbegrenzten<br />

wirtschaftlichen Fortschritts vorankommen muss, was auch immer die<br />

Konkurrenzsituation sei, die sich zwischen den Staaten e<strong>in</strong>stellt, oder<br />

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