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ICONCLASH. Kollektive Bilder und Democratic Governance in Europa

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die Motivationen s<strong>in</strong>d für e<strong>in</strong> klares <strong>und</strong> deutliches Zerstörungswerk; um<br />

Iconoclash dagegen handelt es sich, wenn wir es nicht wissen, wenn wir<br />

zögern, von e<strong>in</strong>er Aktion verstört s<strong>in</strong>d, von der sich ohne weitergehende<br />

Untersuchung nicht genau sagen lässt, ob sie destruktiv oder konstruktiv<br />

ist“ (Latour 2002:8). Von der normalistischen Kollektivsymbolik wird man im<br />

H<strong>in</strong>blick auf die Möglichkeit europäischer Identitätsbildung Ähnliches<br />

behaupten dürfen: Sie verh<strong>in</strong>dert die Ausbildung e<strong>in</strong>er europäischen<br />

kulturellen oder politischen Identität, nicht ohne zugleich die<br />

stabilisierenden Funktionen derselben zu ersetzen. Wenn, wie Thomas<br />

Meyer geschrieben hat, der Mangel an politischer Identifikation mit der<br />

Europäischen Union e<strong>in</strong>e Gefahr für deren Existenz <strong>in</strong> dem Moment<br />

darstellt, wo den E<strong>in</strong>wohner/<strong>in</strong>nen aus der Globalisierung des Handels ke<strong>in</strong><br />

Vorteil mehr erwächst (vgl. Meyer 2004:38), dann ist es nicht zuletzt den<br />

Signal- <strong>und</strong> Kontrollfunktionen der normalistischen Kollektivsymbolik zu<br />

verdanken, dass die (positive oder negative, versichernde oder gefahrvolle)<br />

Dynamik e<strong>in</strong>er beliebigen Entwicklung dennoch mehrheitlich als<br />

kontrollierbar e<strong>in</strong>gestuft wird. Wäre <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht die normalistische<br />

Kollektivsymbolik als konstruktiv für den europäischen Zusammenhalt zu<br />

betrachten, ersche<strong>in</strong>t dieselbe Symbolik umgekehrt aufgr<strong>und</strong> ihres<br />

Reduktionismus als destruktiver Faktor – vor allem, wenn man<br />

berücksichtigt, dass die normalistische Symbolik <strong>Europa</strong> bislang nur als<br />

Äquivalent <strong>in</strong>dividueller Nationen <strong>und</strong> nationaler Identitäten konzipiert hat.<br />

Rolf Parr zufolge ist dieser Mangel mit der Unfähigkeit des über Medien<br />

vermittelten normalistischen Kollektivsymbolsystems zu begründen,<br />

simultan zwei symbolische Zentren – e<strong>in</strong> nationales <strong>und</strong> e<strong>in</strong> europäisches –<br />

zur Bezeichnung derselben politischen oder kulturellen E<strong>in</strong>heit zuzulassen<br />

(vgl. Parr 2003).<br />

Auf der anderen Seite wird man aber auch mit Blick auf jene Entwürfe,<br />

welche die konstitutive Unvollständigkeit jeder politischen oder kulturellen<br />

Geme<strong>in</strong>schaft repräsentieren sollen, von e<strong>in</strong>em „Iconoclash“ im S<strong>in</strong>ne<br />

Bruno Latours sprechen können: Von den im Zuge der spekulativen Reden<br />

über <strong>Europa</strong> hervorgebrachten Imag<strong>in</strong>ationen lässt sich ebenso wenig mit<br />

Sicherheit sagen, ob sie destruktiv oder konstruktiv s<strong>in</strong>d – nicht für das<br />

Zustandekommen e<strong>in</strong>er endlich europäischen Identität, sondern für die<br />

Möglichkeit, differenziertere Vorstellungen davon zu entwickeln, was unter<br />

e<strong>in</strong>er europäischen E<strong>in</strong>heit <strong>in</strong> der Vielfalt zu verstehen sei. Mit e<strong>in</strong>er<br />

Ausnahme: Beschränken die Entwürfe sich auf jene Instrumentalisierung<br />

der Geschichte, wie sie für die Prozesse nationalstaatlicher<br />

Identitätsbildung charakteristisch war, wird man ungeachtet des visuellen<br />

<strong>und</strong> narrativen Reichtums, den sie dabei erzeugen, mit e<strong>in</strong>iger Sicherheit<br />

von e<strong>in</strong>em „Ikonoklasmus“ sprechen können: Von e<strong>in</strong>em <strong>Bilder</strong>sturm, der<br />

die vorhandenen <strong>Bilder</strong> zugunsten e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zigen wahren Bildes<br />

denunzieren, bloßstellen oder entzaubern will.<br />

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