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ICONCLASH. Kollektive Bilder und Democratic Governance in Europa

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Psychologie oder die moralische Integrität der dargestellten Personen <strong>in</strong><br />

den Vordergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> akzentuieren damit höchstens jene Me<strong>in</strong>ungen, die<br />

man sich über öffentliche Personen gewissermaßen immer schon gebildet<br />

hat. Dazu kommt, dass der Armut des europäischen Symbolvorrats der<br />

Reichtum sowohl des regionalen als auch des nationalstaatlichen<br />

Reservoirs gegenübersteht; dass die räumliche Identifizierung von<br />

Gebäuden <strong>und</strong> Landschaften immer zuerst beim konkreten Ort ansetzt, der<br />

letztlich immer auch national gerahmt ist – weswegen etwa auf die<br />

Abbildung konkreter Bauwerke auf den Euro-Banknoten verzichtet wurde;<br />

oder dass die zeitliche Identifizierung der Bedeutung vergangener<br />

Ereignisse von nationalstaatlich gr<strong>und</strong>ierten Geschichtsbildern abhängt.<br />

2.1.5 Visuelle Ökonomie<br />

Der Umstand, dass die Fotografie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art apparativen<br />

Selbstverleugnung den E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>er „natürlichen“, d.h. auf Wirklichkeit<br />

getesteten Ordnung hervorbr<strong>in</strong>gt, hat neben kommunikativen <strong>und</strong> medialen<br />

auch ökonomische Gründe. Zu diesen gehört, dass es <strong>Bilder</strong> nur deshalb<br />

gibt, „weil mit ihnen gehandelt wird“ (Bruhn 2003:138): Mit der Feststellung<br />

dieses e<strong>in</strong>fachen, für die semantische Bedeutung von <strong>Bilder</strong>n aber oftmals<br />

vernachlässigten Sachverhalts – dass jedes Bild neben se<strong>in</strong>er sichtbaren<br />

Vorderseite auch e<strong>in</strong>e unsichtbare (ökonomische) Rückseite besitzt –,<br />

versucht Matthias Bruhn an se<strong>in</strong>er ökonomischen Wurzel zu erfassen, was<br />

Gottfried Boehm als „diffuse Allgegenwart der <strong>Bilder</strong>“ noch <strong>in</strong> den<br />

H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> der Überlegungen zum iconic turn gerückt hatte. Dass mit<br />

<strong>Bilder</strong>n weltweit <strong>und</strong> höchst erfolgreich gehandelt wird, <strong>und</strong> dass dieser<br />

Handel auf der Befriedigung von präzise kalkulierten Bedürfnisstrukturen<br />

basiert, schlägt sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Reihe von formalen <strong>und</strong> <strong>in</strong>haltlichen<br />

Merkmalen nieder, die mit der Verwandlung von (fotografischen) <strong>Bilder</strong>n <strong>in</strong><br />

Waren e<strong>in</strong>hergehen: Bruhn hebt <strong>in</strong> diesem Zusammenhang vor allem jene<br />

zentralen Kategorien der Bildproduktion hervor, die sich nicht nur auf e<strong>in</strong>ige<br />

wenige Motivgruppen beschränken (wie etwa auf das „Metabild“ des<br />

menschlichen Gesichts, auf Tiere, K<strong>in</strong>der, Mode, Schönheit, Technik,<br />

Landschaften, Nacktaufnahmen, Porträts, Naturdetails; vgl. Bruhn<br />

2003:172), sondern <strong>in</strong>nerhalb dieser Motivgruppen wieder erkennbare<br />

Typen bevorzugen, die Vertrautheit erzeugen, weil sie wieder <strong>und</strong> wieder<br />

verwendet werden. Resultat dieser Praxis – die sich im Übrigen über den<br />

Austausch zwischen Bildverwender/<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Publikum konstituiert <strong>und</strong><br />

nicht den Steuerungswünschen e<strong>in</strong>zelner Gruppen unterliegt – s<strong>in</strong>d <strong>Bilder</strong>,<br />

die, bed<strong>in</strong>gt durch die Glätte <strong>und</strong> Simplizität ihrer Formensprache, im<br />

Gr<strong>und</strong>e gar nicht mehr bewusst wahrgenommen werden müssen, um<br />

verstanden zu werden.<br />

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