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ICONCLASH. Kollektive Bilder und Democratic Governance in Europa

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Gesellschaften gegenüber, diesen Symbolbedarf durch kollektive Mythen<br />

zu decken“ (Larat 2000:201). Die Ebene europäischer Normalität h<strong>in</strong>gegen<br />

unterscheidet sich davon, <strong>in</strong>dem sie Aussagen wie die eben zitierte <strong>in</strong> ihr<br />

Normalitätsfeld <strong>in</strong>tegriert, ohne dabei dem Vorwurf der Unfähigkeit etwas<br />

entgegenzusetzen, der im Gr<strong>und</strong>e ihr gilt. Von den Darstellungen <strong>Europa</strong>s<br />

auf der Ebene politisch-ökonomischer Normalität kann gesagt werden, was<br />

Walter Benjam<strong>in</strong> von der Reklame gesagt hat: Sie entfalte ihre kulturellen<br />

Wirkungen jenseits e<strong>in</strong>er Kritik, die auf der Ebene der Kultur die e<strong>in</strong>zig<br />

vernehmbare Wirkung der Reklame ist: „Was macht zuletzt die Reklame<br />

der Kritik so überlegen? Nicht was die rote elektrische Leuchtschrift sagt –<br />

die Feuerlache, die auf dem Asphalt sie spiegelt“ (Benjam<strong>in</strong> 1991:131).<br />

Folgt man Jürgen L<strong>in</strong>k, dann bildet diese Kultur der Gefahr e<strong>in</strong>e gegenüber<br />

den übrigen gesellschaftlichen Teilkulturen weitgehend autonome kulturelle<br />

Ebene der Verständigung darüber aus, was zu e<strong>in</strong>em gegebenen Zeitpunkt<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten gesellschaftlichen Teilbereich als „normal“ gelten<br />

kann. Gewissermaßen als „Antwort auf moderne exponentielle Trends“<br />

formiert sich, so L<strong>in</strong>k, e<strong>in</strong> Diskurs des „Normalismus“, der die<br />

Verständigung über die „Normalität“ von Phänomenen <strong>und</strong> Entwicklungen<br />

unmittelbar mit der „Gr<strong>und</strong>angst der beiden letzten Jahrh<strong>und</strong>erte“<br />

verb<strong>in</strong>det, der „Denormalisierungsangst“ (vgl. L<strong>in</strong>k 1999:60). Bezeichnet<br />

der Begriff „Normalität“ e<strong>in</strong>e wesentlich unbestimmte <strong>und</strong> graduelle<br />

Kategorie – „Paradoxerweise sche<strong>in</strong>t zu gelten, dass genau das ‚normal’<br />

ist, was ‚normalerweise’ als normal gilt“ (L<strong>in</strong>k 1999:23) –, verspricht diese<br />

Kategorie dennoch oder vielleicht gerade deswegen die Orientierung <strong>in</strong><br />

unübersichtlichen Verhältnissen sowie die Steuerung von zukunftsoffenen<br />

<strong>und</strong> dynamischen Prozessen. Was von der Kategorie „Normalität“ erfasst<br />

wird, s<strong>in</strong>d nämlich nicht die Phänomene selbst, sondern nur deren<br />

quantifizierbare Dimensionen: Den Normalismus <strong>in</strong>teressieren nicht die<br />

<strong>in</strong>dividuellen Gründe <strong>und</strong> Motivationen z.B. für E<strong>in</strong>wanderung, den<br />

Normalismus <strong>in</strong>teressiert ausschließlich die Festlegung e<strong>in</strong>er quantitativen,<br />

stets vorläufigen <strong>und</strong> flexiblen Ober- <strong>und</strong> Untergrenze, die den Bereich der<br />

Normalverteilung umschließt <strong>und</strong> über die h<strong>in</strong>aus die Entwicklung der<br />

E<strong>in</strong>wanderung anormale Züge annehmen würde.<br />

Gegenüber jeder Form normativer Festlegung stellt der Diskurs des<br />

Normalismus „e<strong>in</strong>e Ebene der Zweitkodierung, des Vergleichs, der<br />

Kontrolle <strong>und</strong> der Signalisierung dar. Sie erlaubt, Distanzen<br />

(Abweichungen) zwischen dem expliziten <strong>und</strong> dem ‚spontanen’ Willen der<br />

Gesellschaft zu ‚signalisieren’“ (L<strong>in</strong>k 1999:344). Man könnte den Diskurs<br />

des Normalismus, der sich aus e<strong>in</strong>er Vielzahl von Diskursen<br />

unterschiedlichster Diszipl<strong>in</strong>en zusammensetzt (weshalb L<strong>in</strong>k auch von<br />

e<strong>in</strong>em „<strong>in</strong>terdiskursiven Archipel des Normalismus“ spricht), mit anderen<br />

Worten als Form der ständigen Selbstbeobachtung e<strong>in</strong>er Gesellschaft<br />

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