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ICONCLASH. Kollektive Bilder und Democratic Governance in Europa

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Gestalt annehmen wird – dem steht die Europäische Fahne, die für den<br />

Bestand <strong>und</strong> die E<strong>in</strong>heit der Union garantiert, ebenso entgegen wie das<br />

Gerüst, welches beliebige Erweiterbarkeit bei gleich bleibender Stabilität<br />

symbolisiert.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus aber gibt das Foto auch e<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>weis darauf, dass wir es<br />

bei der europäischen E<strong>in</strong>igung mit e<strong>in</strong>em Prozess zu tun haben, dessen<br />

F<strong>in</strong>alität offenbar mit se<strong>in</strong>er Unabschließbarkeit zusammenfällt: Die e<strong>in</strong>zige<br />

Grenze sche<strong>in</strong>t der Himmel zu se<strong>in</strong>, wie der nach oben strebende Wirbel<br />

andeutet, den die Fahne formt. Wird das Gerüst, so könnte man im<br />

Anschluss fragen, das die europäische Fahne trägt, den Anlass se<strong>in</strong>er<br />

Errichtung überdauern oder wird es wieder abgebaut werden, nachdem das<br />

Ereignis, dessen weith<strong>in</strong> sichtbares Zeichen es dargestellt haben wird,<br />

vorüber ist? Dass diese Frage nicht entschieden werden kann, liegt nicht<br />

zuletzt daran, dass die Zeitstelle, der das Bild se<strong>in</strong>e Entstehung verdankt,<br />

unbestimmt bleibt: Wie auch <strong>in</strong> anderen Fällen, wo versucht wurde, die<br />

politische „Fiktion <strong>Europa</strong>“ zu visualisieren, konstruiert das symbolische<br />

Bild von der „Baustelle <strong>Europa</strong>“, nach e<strong>in</strong>er Formulierung von Hito Steyerl,<br />

„nicht nur e<strong>in</strong>e homogene <strong>und</strong> leere Zeit“, „sondern auch e<strong>in</strong>en homogenen<br />

<strong>und</strong> leeren Raum, der nur durch die Umfassung se<strong>in</strong>er Grenzen def<strong>in</strong>iert<br />

ist“ (Steyerl 2005:66).<br />

Symbolisch verdichtete <strong>Bilder</strong> wie das der Baustelle erfüllen mit anderen<br />

Worten ihre Funktion als konzeptuelle Werkzeuge unter der Bed<strong>in</strong>gung<br />

e<strong>in</strong>es unbestimmten Raums <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er ahistorischen Zeit, <strong>und</strong> dennoch<br />

wären ohne sie kollektiv geteilte Vorstellungen über die politische <strong>und</strong><br />

soziale Wirklichkeit der Europäischen Union nicht möglich: Über das Bild<br />

des geme<strong>in</strong>samen Aufbaus wird die problematische F<strong>in</strong>alität des<br />

europäischen E<strong>in</strong>igungsprozesses zugleich symbolisiert <strong>und</strong> normalisiert,<br />

<strong>und</strong> damit die Identifikation mit e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>stitutionalisierten Politik, die sich als<br />

fortgesetztes <strong>und</strong> zukunftsoffenes Projekt zu erkennen gibt – wenigstens<br />

potenziell – ermöglicht. Dass diese Ermöglichung mit e<strong>in</strong>er ganzen Reihe<br />

von Ambivalenzen verb<strong>und</strong>en ist, wird uns <strong>in</strong> weiterer Folge noch<br />

beschäftigen, wenn nach den spezifischen Widersprüchen <strong>in</strong> den<br />

Bereichen der Visualisierung der geme<strong>in</strong>samen Geschichte, der<br />

Vorstellung vom politischen Handeln, der Darstellung des europäischen<br />

B<strong>in</strong>nenmarkts <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Nutznießer/<strong>in</strong>nen sowie der Raumvorstellungen,<br />

die EU-<strong>Europa</strong> mitsamt se<strong>in</strong>er Grenzziehungen hervorruft, gefragt werden<br />

wird.<br />

3.3.3 Die visuelle Narration e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Geschichte<br />

Der Entwurf e<strong>in</strong>er „geme<strong>in</strong>samen“ Geschichte gehört zu den<br />

gr<strong>und</strong>legenden Strukturmechanismen moderner Gesellschaften. Auf diese<br />

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