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ICONCLASH. Kollektive Bilder und Democratic Governance in Europa

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echtfertigt: An die Stelle der Transzendenz von normativen Werten setzt<br />

das Zeitalter e<strong>in</strong>er ökonomischen Geschichtlichkeit die Immanenz der<br />

ökonomischen Entwicklung.<br />

Ohne Zweifel ist der Zusammenschluss konkurrierender Interessen auf der<br />

Basis der ökonomischen Entwicklung e<strong>in</strong> höchst prekärer<br />

Zusammenschluss, der, wie nicht zuletzt die spekulativen Reden über<br />

<strong>Europa</strong> zeigen, vielfältige Formen kultureller oder politischer<br />

Legitimierungsversuche hervorbr<strong>in</strong>gt. Arbeiten diese sich an Fragen der<br />

Versicherung ab – beispielsweise fragt Thomas Meyer <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch zur<br />

politischen Identität <strong>Europa</strong>s, „was das politische <strong>Europa</strong> zusammenhalten<br />

kann, damit es nicht als bloßer Kampfplatz von Interessen oder als e<strong>in</strong><br />

re<strong>in</strong>er Markt für tüchtige Händler endet, der die Menschen e<strong>in</strong>zig <strong>und</strong> alle<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> der Erwartung des handgreiflichen Vorteils e<strong>in</strong>t?“ (Meyer 2004:19) –,<br />

sche<strong>in</strong>t die liberale Gouvernementalität zugleich ebenso untrennbar mit der<br />

Erzeugung f<strong>und</strong>amentaler Unsicherheiten verb<strong>und</strong>en zu se<strong>in</strong>. „Es gibt“,<br />

stellt Michel Foucault fest, „ke<strong>in</strong>en Liberalismus ohne Kultur der Gefahr“<br />

(Foucault 2004:102), d.h. ohne Kultur, deren Formen <strong>und</strong> Symbole an die<br />

Immanenz der ökonomischen Entwicklung gekoppelt s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> die auf diese<br />

Weise den negativen Horizont aller Bemühungen bildet, <strong>Europa</strong> über den<br />

Nachweis kultureller oder politischer Geme<strong>in</strong>samkeiten zu legitimieren.<br />

2.2.3 Moderne Kollektivsymbolik<br />

Wenn es denn die Aufgabe der spekulativen Reden über <strong>Europa</strong> ist, im<br />

Zuge der Anrufung europäischer Geme<strong>in</strong>samkeiten – des Schicksals, der<br />

Geschichte, der Kultur, der Demokratie – e<strong>in</strong> möglichst affirmatives Bild von<br />

der europäischen E<strong>in</strong>heit <strong>in</strong> der Vielfalt zu entwerfen, jedes dabei<br />

entworfene Bild aber e<strong>in</strong>e Reihe von <strong>in</strong>neren Widersprüchen ebenso<br />

aufweist wie se<strong>in</strong>e geographische, historische oder kulturelle Reichweite<br />

begrenzt ist; wenn es, mit anderen Worten, auf der Ebene der kulturellen<br />

E<strong>in</strong>heit der Europäischen Union ke<strong>in</strong> Bild gibt, das diese adäquat<br />

repräsentieren kann, so ist dennoch der Reichtum an <strong>Bilder</strong>n, an<br />

Vorstellungen <strong>und</strong> Symbolen kaum zu übersehen, die beispielsweise <strong>in</strong><br />

Österreich <strong>in</strong> den zehn Jahren seit dem Beitritt zur EU 1995 hervorgebracht<br />

wurden. Dass diese Fülle von <strong>Bilder</strong>n <strong>und</strong> E<strong>in</strong>bildungen wenig bis gar<br />

nichts zur Ausbildung e<strong>in</strong>er die kulturelle E<strong>in</strong>heit <strong>Europa</strong>s<br />

repräsentierenden Symbolik beigetragen hat, mag nicht zuletzt daran<br />

liegen, dass diese <strong>Bilder</strong> <strong>und</strong> E<strong>in</strong>bildungen Angehörige e<strong>in</strong>er anderen<br />

Kultur s<strong>in</strong>d als jener, <strong>in</strong> deren Rahmen die spekulativen Reden über <strong>Europa</strong><br />

stattf<strong>in</strong>den <strong>und</strong> S<strong>in</strong>n machen: e<strong>in</strong>er populären, kurzlebigen, dem Wechsel<br />

der Moden <strong>und</strong> dem E<strong>in</strong>fluss aktueller Trends ausgesetzten Kultur, <strong>in</strong> der<br />

jene Gefahr ihren Ausdruck f<strong>in</strong>det, die das Korrelat nicht der kulturellen,<br />

sondern der politisch-ökonomischen E<strong>in</strong>heit der Europäischen Union ist.<br />

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