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ICONCLASH. Kollektive Bilder und Democratic Governance in Europa

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Beruht die den <strong>Bilder</strong>n zugeschriebene Macht also vor allem auf der Macht<br />

sprachlicher Zuschreibung, wird die Frage nach den Bedeutungen, die von<br />

den fotografischen Repräsentationen EU-<strong>Europa</strong>s hervorgebracht werden,<br />

angemessen wohl nur auf der sprachlichen Ebene, d.h. auf der Ebene des<br />

konnotierten Bilds zu beantworten se<strong>in</strong>. Das Wort „Lektüre“ muss <strong>in</strong> diesem<br />

Zusammenhang <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er buchstäblichen Bedeutung genommen werden,<br />

hängt das Verständnis der fotografischen Botschaft doch zum<strong>in</strong>dest<br />

ebenso von der „Lektüre“ e<strong>in</strong>er visuellen Ähnlichkeit ab wie von der Lektüre<br />

des Texts, der die Fotografie verankert – vom diskursiven Kontext, den der<br />

jeweilige Text dabei artikuliert, ganz zu schweigen. Um e<strong>in</strong> beliebiges, im<br />

Rahmen der österreichischen Diskussion allerd<strong>in</strong>gs nicht ganz<br />

unschuldiges Beispiel zu geben: Die Fotografie e<strong>in</strong>es Lastkraftwagens auf<br />

e<strong>in</strong>er Autobahn wird erst dann als repräsentativ für e<strong>in</strong>en mit der<br />

Europäischen Union verknüpften Sachverhalt wahrgenommen werden,<br />

wenn e<strong>in</strong> konkreter textueller oder diskursiver Kontext die kulturell<br />

verfügbaren Konnotationen begrenzt. An der Stelle jener auf die<br />

fotografische Ähnlichkeit bezogenen Konnotationen, die über die<br />

Verknüpfung der beiden Objekte Lastkraftwagen <strong>und</strong> Autobahn hergestellt<br />

werden, drängt sich vermittels des Texts e<strong>in</strong> zusätzliches Signifikat, d.h. e<strong>in</strong><br />

zusätzlicher Inhalt <strong>in</strong> den Vordergr<strong>und</strong>: Je nachdem, ob es sich dabei um<br />

e<strong>in</strong>en Bericht über die vier Freiheiten des europäischen B<strong>in</strong>nenmarkts<br />

handelt oder um e<strong>in</strong>e spezifisch österreichische Erfahrung mit diesen<br />

Freiheiten, wird dann entweder das zusätzliche Signifikat „Freiheit für<br />

Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen“ <strong>in</strong>s Spiel kommen oder das zusätzliche<br />

Signifikat „Transitvertrag“ – e<strong>in</strong> Signifikat, das im Übrigen e<strong>in</strong>e Reihe von<br />

weiteren Assoziationen mit sich führen wird („Umweltzerstörung“,<br />

„Vertragsbruch“, „Versagen der Regierung“, „Europäische Anmaßung“<br />

etc.).<br />

Alle diese zusätzlichen Signifikate kann man streng genommen im Bild<br />

nicht „sehen“, e<strong>in</strong> Umstand, mit dem bereits e<strong>in</strong>e gr<strong>und</strong>legende<br />

Schwierigkeit fotografischer Repräsentationen EU-<strong>Europa</strong>s offenbar<br />

geworden wäre: Können diese sich auf nicht viel mehr als auf die textuelle<br />

Verankerung im Zusammenhang mit der Berichterstattung über aktuelle<br />

europäische Themen oder Ereignisse stützen (wobei die Auswahl der<br />

Themen zumeist nationalstaatlichen Interessen gehorcht, die Auswahl der<br />

europäischen Ereignisse der Teilnahme nationalstaatlicher Vertreter/<strong>in</strong>nen),<br />

stellt darüber h<strong>in</strong>aus die wesentliche Unlesbarkeit des denotierten Bilds<br />

vielfältige Anlässe für Konnotationen zur Verfügung, die diese Verankerung<br />

überschreiten. Dass von diesen zusätzlichen Konnotationen die wenigsten<br />

das Signifikat „Europäische Union“ aufrufen werden, liegt auf der Hand:<br />

Perzeptive <strong>und</strong> kognitive Konnotationsverfahren s<strong>in</strong>d ohneh<strong>in</strong> vom<br />

situierten Wissen der Betrachter/<strong>in</strong>nen abhängig, Objekte werden <strong>in</strong> erster<br />

L<strong>in</strong>ie über e<strong>in</strong> kulturell verankertes Wissen codiert, Posen stellen die<br />

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