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ICONCLASH. Kollektive Bilder und Democratic Governance in Europa

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Kontrollebene etabliert wird, vor deren H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> die Handlungen etwa<br />

von Politiker/<strong>in</strong>nen mit den Erwartungen von Bürger/<strong>in</strong>nen korreliert werden<br />

können. Die vom Diskurs des Normalismus angezeigten Problemlagen<br />

kommen dabei <strong>in</strong>sofern dem von den Massenmedien konstruierbaren<br />

Wissen entgegen, als <strong>in</strong> diesen die Unverständlichkeit <strong>und</strong> Abstraktheit des<br />

Expertenwissens effektiv mit der Affektivität <strong>und</strong> Subjektivität „großer<br />

schweigender Mehrheiten“ kurzgeschlossen wird: „Wie“, so fragt L<strong>in</strong>k,<br />

„können numerische Kurven statt Jungscher Archetypen die libid<strong>in</strong>öse<br />

Szene <strong>in</strong>dividueller <strong>und</strong> kollektiver Psychen besetzen? Denkbar ist das<br />

offenbar e<strong>in</strong>zig durch e<strong>in</strong>e geregelte Übersetzung zwischen Kurven <strong>und</strong><br />

Symbolen, wie sie durch das Kollektivsymbolsystem moderner<br />

Mediendiskurse tatsächlich ununterbrochen erfolgt“ (L<strong>in</strong>k 1999:346).<br />

Wenn es denn stimmt, dass der Normalismus e<strong>in</strong>e weitgehend autonome<br />

Ebene der Zweitcodierung darstellt gegenüber normativen Festlegungen,<br />

der Normalismus aber zugleich von e<strong>in</strong>em irreduziblen Reduktionismus<br />

nicht zu trennen ist, wird man mit Blick auf diesen von e<strong>in</strong>em ähnlichen<br />

Verhältnis zwischen e<strong>in</strong>er Fülle <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Defizit an <strong>Bilder</strong>n sprechen<br />

können, wie es zuvor für die Imag<strong>in</strong>ationen der Europäischen Union als<br />

E<strong>in</strong>heit <strong>in</strong> der Vielfalt festgestellt wurde. Allerd<strong>in</strong>gs ist dieses Verhältnis nun<br />

nicht mehr normativ über die An- bzw. Abwesenheit von <strong>Bilder</strong>n zu<br />

charakterisieren, sondern durch jene Differenz, die zwischen den Ebenen<br />

von Erst- <strong>und</strong> Zweitcodierung entsteht. Wo auf der Ebene politischer<br />

Legitimität – paradigmatisch etwa bei Thomas Meyer – davon die Rede ist,<br />

dass die Stabilität der Europäischen Union von der Ausbildung e<strong>in</strong>er<br />

politischen Identität der Bürger/<strong>in</strong>nen als Unionsbürger/<strong>in</strong>nen abhängig ist<br />

(vgl. Meyer 2004:38), ersche<strong>in</strong>en die Signal- <strong>und</strong> Kontrollfunktionen auf der<br />

Ebene des Normalismus nicht nur als Ersatz für e<strong>in</strong>e solche<br />

Identitätsbildung, sondern auch als wirksamste Waffe zur Verh<strong>in</strong>derung<br />

derselben: Mit der Zweitcodierung von Phänomenen im Schema<br />

normal/nicht-normal wird deren Reflexion im Rahmen e<strong>in</strong>er normativen<br />

Begrifflichkeit effektiv verh<strong>in</strong>dert. Man könnte sagen, je mehr der Diskurs<br />

des Normalismus die Gesellschaft für exponentielle Dynamiken<br />

sensibilisiert, desto weniger Anlässe gibt es für Problemstellungen, die<br />

nach Versicherung auf der Ebene kultureller oder politischer Legitimität<br />

verlangen.<br />

Steht, mit anderen Worten, der Fülle an normalistischen Symbolen nicht e<strong>in</strong><br />

Defizit an kulturell oder politisch legitimierten gegenüber, sondern schlicht<br />

e<strong>in</strong> Defizit an Reflexion auf die der Ebene der Zweitcodierung zugr<strong>und</strong>e<br />

liegende Ebene der Codierung, sieht die vorliegende Untersuchung sich mit<br />

e<strong>in</strong>er Situation konfrontiert, die Bruno Latour mit dem Neologismus<br />

„Iconoclash“ zu fassen versucht hatte: „Bei e<strong>in</strong>em Ikonoklasmus, e<strong>in</strong>em<br />

<strong>Bilder</strong>sturm wissen wir, was im Akt des Zertrümmerns geschieht <strong>und</strong> was<br />

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