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ICONCLASH. Kollektive Bilder und Democratic Governance in Europa

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Verb<strong>in</strong>dung von Häufung <strong>und</strong> Variation: „Wie e<strong>in</strong>e ‚Landschaft’, e<strong>in</strong> ‚Blitz’,<br />

e<strong>in</strong> ‚Raubtier’ auszusehen habe, wird aus e<strong>in</strong>em Gemisch von<br />

professionellen Aufnahmetechniken <strong>und</strong> deren Verballhornung, von<br />

schlagenden Motiven <strong>und</strong> deren massenhafter Wiederholung über viele<br />

Jahre ermittelt. Das Ergebnis s<strong>in</strong>d jene ‚Typen’, die <strong>in</strong> der <strong>in</strong>dustriellen<br />

Reproduktion der <strong>Bilder</strong> verloren zu gehen schienen. Manche von ihnen<br />

gehen unzertrennliche Ehen mit Denkfiguren <strong>und</strong> Begriffen e<strong>in</strong> <strong>und</strong> lagern<br />

sich so im kollektiven Gedächtnis ab“ (Bruhn 2003:147).<br />

Verweisen die Typen, die für die Allgeme<strong>in</strong>verständlichkeit der Schlagbilder<br />

sorgen, auf e<strong>in</strong>en durch Wiederholung <strong>in</strong> Gang gesetzten Prozess der<br />

Habitualisierung, so geht mit diesem zugleich die Entkopplung der im Bild<br />

repräsentierten Sachverhalte von ihren ursprünglichen Kontexten e<strong>in</strong>her:<br />

„Selbst die bekanntesten Fotografien der jüngeren Geschichte s<strong>in</strong>d sehr<br />

bald nur noch ohne ihre historischen Kontexte präsent, werden also <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

entkoppelten Form als Allegorien für ‚Krieg’, ‚Gewalt’, ‚Ferner Osten’ usw.<br />

gelesen“ (Bruhn 2003:171). Mit der Durchsetzung reproduzierbarer<br />

Bildtypen verb<strong>und</strong>en ist demnach sowohl e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltliche, wie auch e<strong>in</strong>e<br />

formale Entleerung des Bilds: Aufgr<strong>und</strong> der Repräsentation des Typischen<br />

an e<strong>in</strong>em Sachverhalt unterlaufen die Schlagbilder ebenso dessen<br />

E<strong>in</strong>maligkeit, wie durch den Umstand, dass sie als typische<br />

Repräsentationen der Klasse vergleichbarer <strong>Bilder</strong> angehören, ihre eigene<br />

E<strong>in</strong>maligkeit unterlaufen wird. Was diese Bildtypen mite<strong>in</strong>ander<br />

vergleichbar macht, ist nicht die „Plattheit“ des denotativen fotografischen<br />

Abbilds, die Roland Barthes beschrieben hat, sondern e<strong>in</strong>e Plattheit, die<br />

aus der Reduktion der konnotativen Bedeutungen des Abbilds resultiert.<br />

Der Unterschied zwischen Vorrats- <strong>und</strong> Pressefotografie, so könnte man an<br />

dieser Stelle schließen, wird offenbar alle<strong>in</strong> durch den Stellenwert<br />

begründet, den die Pressefotografie der Aktualität e<strong>in</strong>räumt: Ohne den<br />

Bezug auf diese würde, was Bruhn an den Schlagbildern der<br />

Vorratsfotografie hervorhebt, auch für die Pressefotografie zutreffen – dass<br />

sie <strong>Bilder</strong> ohne eigenen Aussageanspruch produziert <strong>und</strong> damit <strong>Bilder</strong>, die<br />

ohne Transzendenz s<strong>in</strong>d (vgl. Bruhn 2003:71).<br />

Sche<strong>in</strong>t die These von der Transzendenzlosigkeit der Schlagbilder jene<br />

Überlegungen zu bestätigen, auf welche die im Rahmen des iconic turn<br />

vorgeschlagene Rehabilitierung des Bildbegriffs sich stützt, weist Bruhn mit<br />

Bezug auf e<strong>in</strong>e nach ökonomischen Gesichtspunkten organisierte<br />

Bildproduktion im Gegenteil auf die Vergeblichkeit wie auf die<br />

Überflüssigkeit e<strong>in</strong>er solchen Rehabilitierung h<strong>in</strong>: Während auf der e<strong>in</strong>en<br />

Seite gilt, dass „die re<strong>in</strong> zahlenmäßige Ausdehnung die fotografische<br />

Illustration der Gegenwart zu e<strong>in</strong>em System macht, das schwer zu<br />

erschüttern ist“ (Bruhn 2003:220), gilt auf der anderen, dass der Wert der<br />

von diesem System produzierten <strong>Bilder</strong> sich immer wieder daraus erzeugt,<br />

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