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SPECIAL SMART ART<br />
DEAD TIME<br />
Steve Sanguedolce<br />
›Dead Time‹ ist eine Geschichte zweier Schwestern, Wendy und Julie, und ihres Versuchs, trotz sexuellem Missbrauch,<br />
exzessivem Drogenmissbrauch und demzufolge verzweifeltem kriminellen Verhaltens zu überleben.<br />
Die Geschichte beginnt als Wendy und Mark ein Paar werden. Wir folgen ihnen in die erste Ehe mit 16 Jahren und<br />
der nachfolgenden Tragödie, die ihr 4 Monate altes Baby trifft. Schon früh lernen wir, dass sowohl Wendy als auch<br />
Mark Überlebende von sexuellem Missbrauch sind, die nicht die Unterstützung oder die Mittel haben, um wirksam<br />
mit ihren Traumata umzugehen. Um ihrer psychologischen Aufruhr zu entgehen nehmen sie ihre tägliche Ration an<br />
starken Drogen (Kokain, Heroin, Alkohol, usw.). Zwangsläufig zerbricht ihre Ehe. Durch die Erfahrung gebrochen<br />
hängen sie an ihrer festen Ration an Drogen, Tabletten und Alkohol. Kurz nach ihrer Scheidung trifft Wendy Reg,<br />
der ein verurteilter Krimineller ist. Er pflegt einen hohen Lebensstandard, den er durch den Verkauf von großen<br />
Mengen an Kokain, Haschisch und Heroin finanziert. Sie kaufen Autos, Boote, Schmuck und verbringen Wochenenden<br />
in drogenreichen Ländern, aus denen sie hochgradige Drogen zurückbringen. Auf der anderen Seite beschreibt<br />
Wendys Schwester Julie sich als 120 Pfund postpsychedelischer Drogen, die an der Schwelle zu Klarheit und Funktion<br />
schwebt. Sie lebte ihr Leben, indem sie in Gebiete vorstieß, die von vielen als Tabu angesehen werden (Prostitution,<br />
die Pornoindustrie, exzessiver Gebrauch von LSD). Um den zerstörerischen Erfahrungen ihrer Kindheit zu entkommen<br />
und um alles Verbotene zu erforschen, wählte sie dieses Leben. Julies Weltansicht stammt aus ihren Drogenerfahrungen.<br />
Obwohl ihre Ansichten unkonventionell sind, fordern sie traditionelle Stereotype heraus und lassen<br />
Kunst, Sexualpolitik und Macht in einem neuen Licht erscheinen. Alle vier Mitspieler sind nur einen Schritt vom<br />
Tod durch Selbstmord, eine Überdosis oder strafrechtliche Verfolgung entfernt. Wie ein Kartenhaus immer an der<br />
Grenze zur Selbstzerstörung steht, so spielt sich ihr Leben in einer Reihe von Wiederholungen ab, auf der Suche nach<br />
der Kontrolle über ihre inneren Welten.<br />
›Wenn die Entwicklung und Herstellung von Film wie ein Betty Crocker Rezept funktionieren würde, dann wäre<br />
Steve Sanguedolce der junge Bewerber Gidget auf Drogen.‹ (Si Si Penaloza, L.I.F.T. Newsletter) ›Sanguedolce schafft<br />
provokative, kluge und einfallsreiche Filmarbeiten, die das Persönliche und das Gesamtbild glänzend mischen.‹ (Alex<br />
McKenzie, Blinding Light Cinema) ›Wenn die Frage nach herausragenden Canuck Auteurs gestellt wird, endet die Diskussion<br />
normalerweise, nachdem Cronenberg, Egoyan und Bruce MacDonald (und im geringeren Umfang auch Patricia<br />
Rozema) zu Tode geredet wurden. Das ist eigentlich schade, denn wir Kanadier haben unsere eigenen gonzo Filmemacher,<br />
die in dieser Diskussion erwähnt werden könnten. Eine dieser Personen ist der aus Toronto stammende<br />
Steve Sanguedolce.‹ (Adrian Lackey, Vue Weekly)<br />
Steve Sanguedolce, geboren in Toronto. Seine Home-Movie-Besessenheit führte zu anhaltendem Interesse an der<br />
Familie. Aber erst nach Festanstellung am Sheridan College (1978-81) konnte er mit geliehenem Werkzeug sein Interesse<br />
ausdrücken. Geschult im Sinne der Ethik der ›Escarpment School‹ begann Sanguedolce dort Arbeiten zu schaffen,<br />
die tief und unerbittlich in die dunkelsten und intimsten Momente des Selbst schauen. Nach dem College führte er<br />
die Co-Regie in dem schneidend-poetischen Dokumentarfilm Full Moon Darkness (1983), ein mutiges und bewegendes<br />
Porträt über ehemalige Psychiatrie-Patienten, das ein Signal poetischer Empörung und gesellschaftlicher Unruhe ist.<br />
Seine nächsten fünf Filme etablierten ihn als einen der führenden nordamerikanischen Tagebuchfilmemacher, der<br />
ein Dutzend internationaler Preise gewann. Nach seiner Rückkehr drehte er Woodgridge (1985) über den Abbau des<br />
italienischen Sittenkodexes, heuchelte persönliche Romanze mit blank liegenden Nerven in Rhythms of the Heart<br />
(1990), zerpflückte den Mythos des Reisenden im Preisgekrönten Mexico (1992), besuchte wieder die Geschichte von<br />
Familienfotos in Sweetblood (1993), das kühne Away (1996), die Geschichte eines Mannes auf der Suche nach seinem<br />
lange vermissten Zwillingsbruder, und sein bis jetzt wohl stärkster Film Smack (2000), ein herausfordernder Hybrid<br />
zwischen Dokumentarfilm und Drama, der den Albtraum dreier, dem Heroin verfallenen, Brüder erzählt.<br />
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