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Untitled - EMAF

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SMART ART<br />

MATCH<br />

Martin Brand<br />

Für Match kaufte Martin Brand (D) über das Internet Amateurvideos von Hooligan-Schlägereien. Ein besonders<br />

gut dokumentiertes, illegales Treffen hat er zu einem Video-Triptychon bearbeitet, das ein Fenster in eine weithin<br />

unbekannte psycho-soziale Welt öffnet: Zwei Fan-Gruppen haben sich zu einer Schlacht auf einem Feld verabredet,<br />

sie treffen zusammen, schlagen brutal aufeinander ein und plötzlich, wie sie aufflammte, erschöpft sich die Gewalt<br />

wieder. Die Beteiligten ziehen ab. Der Zuschauer wohnt einem Akt des männlichen ›Sich-Messens‹ bei, dessen physische<br />

Direktheit nur in der Fiktion (Kino), im fast alles sanktionierenden Krieg oder in gesellschaftlich ausgelagerten,<br />

tabuisierten Zonen stattfindet.<br />

Es ist eine entgrenzte, aber auch geschäftsmäßig erscheinende Triebabfuhr zu beobachten. Fast hat man den Eindruck,<br />

dass Fanatismus, Hass oder radikale Emotionen eine untergeordnete Rolle spielen: Alles scheint festen Regeln<br />

zu gehorchen, die sich in Treffen ähnlicher Art gebildet haben mögen, vielleicht aber auch aus Ritter-, Kriegs-,<br />

Western- und Gangfilmen kopiert wurden. Fußball (weniger auf dem Platz als auf den Rängen und vor den Stadien)<br />

stellt den sozialen Ort für diese archaischen Rituale. Das Video-Footage, vom vielfachen Kopieren ausgelaugt, enthält<br />

nur noch wenige konkrete Bildinformationen. Durch Verlangsamung betont Martin Brand die Reduktion und spröde<br />

Ästhetik und unterstreicht damit den Halbwelt-Charakter dieser männlichen Alltagskultur. (H. Nöring)<br />

›Entstehung: Die in Match gezeigte ›Hooligan-Schlacht‹ wurde aus drei verschiedenen Perspektiven mit drei Camcordern<br />

gefilmt. Das durch vielfaches Umkopieren stark lädierte Amateurvideomaterial stammt von einer Hooligan-<br />

Szene-Webseite, auf der DVDs mit entsprechendem Material zum Kauf angeboten wurden. Die drei Kameraperspektiven<br />

konnten über die Original-Tonspuren präzise synchronisiert werden. Fehlende Stellen, also Momente, an denen<br />

einer der Kameramänner die Aufnahme kurzfristig unterbrochen hat, wurden mit weißen Zwischenbildern ergänzt.<br />

Die drei Videokanäle werden in halber Geschwindigkeit abgespielt und synchron zueinander projiziert. Den Bildern<br />

unterliegt ein Sound-Loop, der dem originalen Tonmaterial entnommen ist. Zu hören ist ein aufgeregtes, schweres<br />

Atmen, Vogelgezwitscher, Rauschen und ein nicht zu identifizierendes, leises Stimmengewirr.‹ (Martin Brand)<br />

Martin Brand, 1975, Bochum, Studium Germanistik und Kunst in Dortmund und Bochum. Martin Brand lehrte<br />

an der Universität Bochum und an der Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter bei Bonn. Er erhielt u. a. den<br />

Förderpreis der Stadt Dortmund, den Experimentalfilm-Preis ›blicke aus dem ruhrgebiet‹ und wurde 2006 in das<br />

Künstler-Residenzprogramm Pilotprojekt Gropiusstadt Berlin aufgenommen. Er lebt und arbeitet in Bochum.<br />

// D, 2005, 3 channel video projection, DVD, loop, sound, colour, 8:23 Min.<br />

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