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VON PAIK ZUM iPOD<br />
RECENT CHINESE VIDEO ART AT A GLANCE<br />
Zhang Ga<br />
Vom richtungsweisenden Videowerk ›30x30‹ von Zhang Peili 1988 bis Cao Feis 2006 ›Hip Hop‹ Installation in der New<br />
Yorker Lombard Freid Gallerie vergingen fast zwanzig Jahre, in denen die Videokunst in China eine erstaunliche Entwicklung<br />
erfuhr, sowohl in den kreativen Impulsen, als auch in den formalen Ansätzen. Sie pulsiert mit der drastischen<br />
sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verwandlung, die den vor zwanzig Jahren gemachten wildesten Spekulationen<br />
über die vorhersehbare kulturelle Landschaft des Landes widerstanden.<br />
Die Arbeiten der sechs Künstler in diesem Programmabschnitt geben uns einen Einblick in die neueste Richtung von<br />
Videokunst in China. Sie zeigen die ganze Bandbreite an Stimmen und Tonalitäten, die von formalen Untersuchungen<br />
und Erforschungen des Mediums, die sich oft als objektive andere Weltlichkeit und quasi-philosophische Überlegung<br />
verkleidet, bis hin zu inszenierten Ausstattungsstücken und verwickelten Pseudo-Erzählungen reichen; von der allegorischen<br />
Zweideutigkeit und der ontologischen Betrachtung bis hin zu satirischer Farce und Ironien jenseits von Absurdität,<br />
entfalten sich die Arbeiten. Sie machen, unbeabsichtigt oder bewusst, die dramatischen Wandlungen, die China<br />
in den letzten Jahrzehnten erlebt hat und das Pathos, die unter der Oberfläche des Glanzes der neuen urbanen Skyline<br />
gegärt hat, sichtbar.<br />
Die Videokunst kam Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre nach China. Dabei spielte die Pionierarbeit von Zhang<br />
Peili eine zentrale Rolle. Obwohl er die frühen Arbeiten von Vito Acconci, Bruce Nauman, und der Fluxus Experimente<br />
nicht kannte, zeigt Zhangs Arbeit, dass sie ein gemeinsames Interesse am Medium haben. Seine Arbeiten erzählen die<br />
typische zeitgenössische kunsthistorische Anekdote, in der parallele Herangehensweisen auf verschiedenen Kontinente<br />
existieren. Seine neueste doppelkanalige Videoinstallation mit dem Titel<br />
›Charge, Charge‹ (2004) erweitert seine jahrzehntelange Erforschung der Nuancen der Videosprache, während er<br />
eine Kritik des vom Staat geförderten Heldentums versteckt andeutet, die oft von nationalistischen Gefühlen gefördert<br />
werden, ob vom sozialistischen China oder vom kapitalistischen Amerika und hinterläßt den bitteren Geschmack des<br />
kalten Krieges.<br />
›Fly‹ von Wang Gongxin, ein in Beijing schaffender Künstler, arbeitet mit dem gleichen epistemologischen Ernst. Die<br />
Arbeit zeigt einen Mann, der versucht in Zeitlupe eine Fliege zu fangen. Beim Heranzoomen wird deutlich, dass sein<br />
vergrößertes, pixeliertes Bild aus eben der Fliege besteht, die er versucht zu fangen. Wangs Interesse an der amorphen<br />
Beziehung zwischen dem Subjekt und dem Objekt und dem beiderseitigen Wechselspiel, erzeugt ein subtiles und elegantes<br />
Werk, das durch digitale Manipulation entsprechend verschönert wird.<br />
Wang Jianweis aufwändig gedrehter ›Spider‹ von 2004 spielt in einem Labyrinth aus Büroräumen, Fluren und Vorstandbüros<br />
in einer der größten chinesischen Computer-Überwachungsfirmen läßt eine rätselhafte Geschichte mit<br />
üppigen Lichteffekten und einer ritualisierten Zeichensprache entstehen. Er beschwört einen Manierismus à la Greenaway,<br />
der nur dann angemessen ist für die Allegorie der über die Grenzen hinausgehenden unmittelbaren Wahrnehmung<br />
und die ihre Hand ausstreckt zum Nachsinnen über Macht und Kontrolle sowohl im öffentlichen als auch im<br />
privaten Sektor.<br />
Yang Fudongs ›S10‹ (2003) war das Ergebnis einer bis dahin in China unbekannten künstlerischen Zusammenarbeit.<br />
Unterstützt von Siemens wurde Yang eingeladen mit 20 Schauspielerinnen und Schauspielern und 300 Angestellten<br />
von Shanghai Siemens Business Communication Systems Ltd. zusammen zu arbeiten. Laut der Pressemitteilung war<br />
›S10‹ innovativ gefertigt, um auf elegante Art und Weise die verschiedenen Arten von Performances und Kunst, einschließlich<br />
Video, Fotografie, Modedesign und real-time Performances zu vereinigen. Die Show zeigt zwei spezielle und ins<br />
Auge fallende gemeinsame Kleidungsstücke für je zehn Männer und Frauen. Zwanzig Angestellte tragen die Kleidungsstücke,<br />
neugierig beäugt durch die Lichter der Kameras, wie sie den Film erfolgreich beenden.‹ Auf den ersten Blick<br />
schwerfällig, unterwandert Yangs feine Sensibilität die Firmenphilosophie, gibt eine ironische Interpretation durch<br />
multiple Fantasien wieder.<br />
Die Verstädterung als immanente und unausweichliche Realität befällt die Mehrzahl der in China lebenden Künstler.<br />
Sie ist der Überbau, aus dem viele Künstler ihre kreative Inspiration ziehen. Der shanghaier Künstler Yang Zhenzhong<br />
fotografiert sich geschickt selber, während er den umgedrehten Shanghai TV Tower jongliert, ein Symbol der<br />
neuen chinesischen Wirtschaftskraft., Yangs ›Light as Fuck‹ ist ein Einzeiler, dessen Humor durch seine prägnante und<br />
anmutige technische Raffiniertheit nicht von schlechten Eltern ist.<br />
Zhang Ga, künstlerischer Leiter von Beijing International New Media Art Exhibition and Symposium, Professor am<br />
New York Institute of Technology und Gast Professor für Information Art, Academy of Arts and Design, Tsinghua University.<br />
International renommierter Künstler sowie Kurator für Projekte in Europa, Nord Amerika und Asien. Ziel seiner<br />
Arbeit ist die Verbindungen zwischen Kunst und Technologie als kulturelle Praxis in China sichtbar zu machen<br />
und die wachsende künstlerische und kulturelle Landschaft Chinas zu vermitteln.<br />
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