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DIE ALPENIM BUCH AUSBLICKE AUF EINE TOPOGRAPfflE IN ...

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nicht imbedingt einer Niederlage gleichkommt: „Herr Geiser wird das Tal nicht verlassen.<br />

(Mõglich ware es gewesen!)" (S. 111).<br />

Eine áhnlich wichtige Funktion fur die Konstitution eines Ichs hat fur Herrn<br />

Geiser die Erinnerung an die Matterhornbesteigung in Begleitung seines Bruders. Die<br />

beiden hatten beinahe miihelos den Gipfel erreicht und das Gipfelerlebnis war eher<br />

enttãuschend ausgefallen: 184<br />

Das also ist allés: man iBt einen kalten Apfel auf dem Matterhorn, wahrend auch schon eine<br />

nãchste Seilschaft kommt, eine, die sie nicht iiberholt hatten; zwei Manner und eine junge<br />

Japanerin. Viel war vom Gipfel aus nicht zu sehen. (S. 130)<br />

Wãhrend des Abstiegs kommt es jedoch zu einer lebensgefahrlichen Situation, die die<br />

Bergfahrt zum unvergesslichen Erlebnis werden lãsst. Aufgrund eines<br />

Orientierungsfehlers muss der Protagonist alleine lange Zeit ungesichert an der<br />

Felsenwand stehen, bis ihn der Bruder aus der misslichen Lage befreien kann. So bleibt<br />

fur ihn die Bergbesteigung nicht als Naturerlebnis im Gedãchtnis - nicht einmal der Berg<br />

sieht aus der Nâhe betrachtet schõn aus - sondern aufgrund der ausgestandenen Angst<br />

und der Rettung durch seinen Bruder. lg5 In den GefUhlen und zwischenmenschlichen<br />

Beziehungen manifestieren sich die Energien, die das Erlebnis im Gedãchtnis bleibend<br />

verankern. So ist Frischs Erzâhlung bei aliem Fatalismus doch von einem entschiedenen<br />

Humanismus geprãgt, der der Erinnerung, der freien Entscheidung und der<br />

zwischenmenschlichen Zuwendung eine zwar vergãngliche und gegenuber<br />

Naturgewalten schwache, fur das Individuum jedoch existentiell wichtige Bedeutung<br />

zuschreibt. Die beiden Bergerlebnisse des Herrn Geiser als junger und als alter Mann<br />

reprãsentieren Extremsituationen, in denen ein Licht auf das fallt, was den Menschen als<br />

solchen auszeichnet. Es bleibt festzustellen, dass Frisch mit dem Motiv der<br />

184 Widmers Beschreibung des Gipfelerlebnisses am Allalinhorn in den Schweizer Geschichten kõnnte<br />

auch als eine Parodie auf die hier dargestellte Gipfelszene gelesen werden, ware Wïdmers Text nicht vor<br />

der Erzâhlung Max Frischs erschienen. Auch bei Widmer kommt das Wettrennen auf den Gipfel vor,<br />

ebenso wie die Drangelei um das Gipfelkreuz. Selbst die junge Japanerin fehlt nicht. Widmer, 1975:<br />

111,112. Bei aller Komik der Szenerie von Widmer ist ihr anscheinend auch ein hohes MaB an<br />

Realismus zuzusprechen.<br />

185 Der erfahrene Bergsteiger Oswald Oelz nennt die Angst ein entscheidendes Motiv fur Bergsteiger:<br />

„Angst und die Uberwindung der Angst vor der Angst waren und sind essentielle Bestandteile des<br />

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