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DIE ALPENIM BUCH AUSBLICKE AUF EINE TOPOGRAPfflE IN ...

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diesen Erosionsprozess arbeitet Herr Geiser an, indem er versucht, seine Kenntnisse iiber<br />

die Naturgeschichte zu sammeln und an einem eigenen Welterklárungsmodell zu<br />

arbeiten. Als Bausteine fur diesen vermeintlichen Schutzwall aus Wissen dienen ihm<br />

Texte, die er in naturwissenschaftlichen und historischen Biichern, aber auch in der Bibel<br />

findet. Er schneidet daraus Textpassagen aus und heftet sie an die Wand seines<br />

Wohnzimmers, wohlwissend dass sein Gedáchtnis dieser Faktenflut nicht standhalten<br />

kann.<br />

Dabei reflektiert er aber auch immer wieder die Fragwiirdigkeit seines<br />

Unternehmens, so braucht er zum Beispiel gerade nicht die Formel ftir den Goldenen<br />

Schnitt, „aber Wissen beruhigt" (S. 20). SchlieBlich zeigt der Umstand, dass die Ordnung<br />

seiner Zettelwand, die fiir ihn eine Weltordnung darstellen soil, schon durch kleine<br />

WindstõBe oder schlecht heftende Klebestreifen durcheinander gerãt, die Absurditãt<br />

seines Unternehmens - sein Weltgebáude ist frágil und bricht bei der geringsten<br />

Erschùtterung zusammen, wie die Pagode aus Knackebrotscheiben, die Herr Geiser zu<br />

bauen versucht. Ahnlich wie Walter Faber aus Frischs Homo Faber (1957) sucht er<br />

Selbstvergewisserung in der Welt der Tatsachen und vermeidet Gedanken an seine<br />

Gefuhlswelt 176 , die er angesichts einer drohenden Naturkatastrophe fur ûberflùssig halt.<br />

177 Deshalb will er auch keine Romane lesen, die ein Licht auf seine Einsamkeit werfen<br />

kõnnten.<br />

(Romane eignen sich in diesen Tagen iiberhaupt nicht, da geht es um Menschen in ihrem<br />

Verhãltnis zu sich und zu andem, um Vater und Sonne und Geliebte usw., um Seelen,<br />

hauptsachlich ungliickliche, und um Gesellschaft usw., ais sei das Gelânde dafíir gesichert, die<br />

Erde ein fur allemal Erde, die Hõhe des Meeresspiegels geregelt ein fiir allemal). (S. 16)<br />

Da er sich als alleinlebender Pensionar mehr oder weniger aus der Gesellschaft<br />

zuruckgezogen hat, interessiert er sich kaum noch fur deren Belange. Hingegen kõnnen<br />

176<br />

Diesen Aspekt hebt besonders Beatrice von Matt hervor, indem sie Herrn Geiser einen<br />

„altgewordene(n) Homo faber" und ,,hochenrwickelte(n) Technokrat(en)" nennt. Von Matt, 1991: 347<br />

177 Gerda Zeltner spricht von einem „aus alien Rollen hinausgealterten Mann [...], der sich abhanden<br />

kommt, sich aber zugleich begreift und annimmt als blanke Nichtigkeit in den Gezeiten der<br />

Erdgeschichte." Zeltner 1980: 77. Beatrice von Matt nennt Geiser konkreter den Prototypen „fur die<br />

allzu vielen, die ihr Leben nicht aus Leidenschaft fur eben dieses Leben selber bestimmen [...]. von Matt,<br />

1991:347<br />

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