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DIE ALPENIM BUCH AUSBLICKE AUF EINE TOPOGRAPfflE IN ...

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„Ihr solltet einmal sehen, was auf dem Matterhorn los ist an einem guten Tag. In der<br />

Hornlihûtte schlafen die Leute im Stehen. Im Morgengrauen klettern sie los, Nase an Arsch,<br />

einer hinter dem andern drein, und auf dem Gipfel sehen die, die in der Mtte stehen, die<br />

Aussicht nicht." (S. 107)<br />

Dièse ÀuBerungen erirmern an Klagen, wie sie bereits im 19. Jahrhundert ùber die<br />

Auswùchse des Tourismus in Text und Bild geauflert wurden. Bei Widmer wird jedoch<br />

auBer dem Problem des Massenansturms auf den Gipfel auch noch das moderne<br />

Phânomen der Umweltverschmutzung thematisiert. Selbst am Gipfelkreuz stolpern die<br />

Bergsteiger ùber Coladosen und Konservenbiichsen. Nachdem das Reiseteam trotz<br />

grõBter Anstrengungen, ihnen zu entkommen, doch noch auf dem Berggipfel von den<br />

Japanern eingeholt wird, nutzt der Mann mit dem Schnurrbart die Gelegenheit, um sich<br />

mit einer Japanerin zu einem Diskobesuch zu verabreden. Das „Gipfelerlebnis" verweist<br />

auf seine alltãglichen Lebensgewohnheiten und lãsst die Wahrnehmung der Natur gar<br />

nicht zu. Und so klingt der Satz, den er der Japanerin sagt: „The wonderful of an alpine<br />

escalation is [...] that you are in the free nature, isn't it?" (S. 112) wie blanke Ironie,<br />

denn von freier Natur kann bei der Unternehmung nicht die Rede sein, dafur aber von<br />

einem Transfer aktueller gesellschaftlicher Erscheinungen bis in die entlegensten Winkel.<br />

In das Bergsteigererlebnis der Protagonisten hineinverwoben wird die Geschichte<br />

der Matterhornerstbesteigung durch den Englãnder Whymper im Jahr 1865. In Gedanken<br />

vergleicht der Erzâhler dessen Erfahrungen mit den eigenen. Im 19. Jahrhundert stand<br />

das Bergsteigen noch im Zeichen des Nationalismus und der Konkurrenz um die<br />

Eroberung der Gipfel. Whymper gelang es zwar als erstem, kurz vor den Italienern, die<br />

englische Flagge auf dem Gipfel zu errichten, jedoch wurde sein Ruhm durch die fatalen<br />

Umstande des Abstiegs, bei dem mehrere seiner Gefahrten absturzten, zunichte gemacht.<br />

Denn fiir die Walliser schien es wahrscheinlich, dass Whymper wâhrend des Sturzes mit<br />

einem Messer das Seil durchtrennt hatte, um das eigene Leben zu retten. So ist auch<br />

dieses Unternehmen - zwar auf sehr viel dramatischere Art und Weise als das seiner<br />

modernen Nachfolger - von Vergeblichkeit gekennzeichnet.<br />

Die Reaktion der Walliser auf den Ansturm des Tourismus wird als listig und<br />

doppelbõdig dargestellt. Einerseits ziehen sie Gewinn aus dem fur sie unverstãndlichen<br />

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